Streuobstbau in Baden-Württemberg

Dieses Info steht nur aus archivarischen Gründen im Netz, die Gesetzeslage hat sich inzwischen geändert.

LNV-Info 8/2007

Gemeinsame Erklärung von Landwirtschafts- und Naturschutzverbänden
Mit rund 175.000 Hektar besitzt Baden-Württemberg nicht nur deutschlandweit, sondern auch aus europäischer Sicht die bedeutendsten Streuobstbestände. Sie sind Teil der gewachsenen Kulturlandschaft und prägen bis heute in vielen Regionen Baden-Württembergs das Landschaftsbild. Mit über 5.000 Tier- und Pflanzenarten zählen sie zu den artenreichsten Lebensräumen in Mitteleuropa. Darüber hinaus besitzen sie eine herausragende Bedeutung als Genreservoir für rund 3.000 Obstsorten, als Erholungsraum und kulturelles Erbe, für das Lokalklima sowie den Boden- und Wasserhaushalt. Dem Land kommt daher eine hohe Verantwortung für die Erhaltung und Entwicklung von Streuobstbeständen in Europa zu.
Dies gilt insbesondere im Vorfeld der weltweiten Konferenz über Biologische Vielfalt (CBD) im Mai 2008 in Bonn sowie des Deutschen Naturschutztages im November 2008, der in Karlsruhe stattfinden wird.
Die seit den 1950er Jahren einseitig auf den Niederstammobstbau ausgerichtete Agrar- und Förderpolitik führte zu den bekannten Problemen im Streuobstbau wie Nutzungsaufgabe, mangelnde Pflege und fehlende betriebswirtschaftliche Rentabilität einerseits sowie Nutzungsintensivierung andererseits. Hinzu kam die nachlassende Nachfrage nach Streuobstprodukten durch verändertes Verbraucherverhalten.
Nach Jahrzehnten der Vernachlässigung erfreut sich der Streuobstbau auch in Baden-Württemberg seit den 1980er Jahren wieder einer verstärkten Wertschätzung in der Öffentlichkeit. Erzeugnisse aus Streuobst sind Dank des langjährigen Engagements zahlreicher Verbände und Vereinigungen auf Bundes-, Landes-, Kreis- und Gemeindeebene wieder gefragte Produkte.
Seitens der Naturschutzverbände fand hierbei in den 1980er Jahren ein Paradigmenwechsel statt: „Kooperation statt Konfrontation“ zwischen Naturschutz und Landwirtschaft zeigte sich symbolhaft an dem 1982 von der damaligen DBV-Jugend (heute Naturschutzjugend im NABU) kreierten Motto „Mosttrinker sind Naturschützer“, der 1987 vom BUND eingeführten Aufpreisvermarktung von Streuobstprodukten mit fairen Preisen auch für die baden-württembergischen Landwirte sowie dem 1988 vom NABU eingeführten NABU-Qualitätszeichen für Streuobstprodukte. Zahlreiche bei Bioland, Demeter, Naturland und in anderen anerkannten Öko-Anbauverbänden organisierte Landwirte bewirtschaften Streuobstwiesen auf besonders umweltverträgliche Art und Weise. Slow Food engagiert sich für hochqualitative Lebensmittel und deren bewussten Genuss und hat beispielsweise den Birnenschaumwein aus der Obstsorte Champagner-Bratbirne als Arche des Geschmacks, einschließlich eines ersten internationalen Förderkreises in Deutschland, ausgezeichnet. Doch trotz vielfältiger Aktivitäten zu Gunsten einer wirtschaftlich rentablen Bewirtschaftung von Streuobstbeständen werden durch die Erzeugung und Vermarktung getrennt erfasster Streuobst-Produkte im Augenblick erst für rund 10 % des Streuobstes im Land wirtschaftlich tragfähige Erlöse erzielt.
Durch das vielseitige Engagement der Verbände konnte eine gewisse Renaissance des Streuobstbaus erreicht werden. Dennoch fallen weiterhin Streuobstwiesen brach, werden in Niederstammobstanlagen oder intensiv genutzte Freizeitgrundstücke umgewandelt oder gänzlich überbaut.
Die Bewirtschaftung von Streuobstwiesen nach Bio-Kriterien sehen die unterzeichnenden Verbände als Modellfall für eine nachhaltige Form der Landbewirtschaftung an.
Aufgrund der beschriebenen Entwicklung streben Bioland, BUND, Demeter, LNV, NABU, Naturland und Slow Food Stuttgart für die Zukunft eine enge, vertrauensvolle Zusammenarbeit im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung der Streuobstbestände in Baden-Württemberg an.
Damit sollen die Kräfte und das Fachwissen im Bereich Streuobst gebündelt werden mit dem Ziel, den Erhalt und die Förderung dieser in Baden-Württemberg einzigartigen Kulturlandschaft zu stärken.
Diese gemeinsame Erklärung ist als erster Schritt in diese Richtung anzusehen.
Die vollständige Erklärung zum Herunterladen:

LNV-Info 8/2007

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