Bundesverkehrswegeplan, Anmeldeliste Straße

LNV-Stellungnahme vom 18.3.2013 an das Ministerium für Verkehr und Infrastruktur

Der Landesnaturschutzverband begrüßt es, dass der Bund zunächst den Bedarf für die Erhaltungsmaßnahmen festlegen will. Der LNV erwartet, dass bei ehrlicher Berechnung keine Finanzmittel für weiteren Straßen(aus)bau verbleiben. Evtl. verbleibende Mittel sollten aus LNV-Sicht konsequent in die Schienenverkehrsachsen gelenkt werden.
Wir begrüßen ferner, dass das Ministerium für Verkehr und Infrastruktur (MVI) eine Priorisierung der zur BVWP Anmeldung 2015 vorgesehenen Bundesfernstraßenprojekte aufstellen will und hierzu eine Anhörung durchführt. Die Kriterien sind mit Ausnahmen gut und richtig. Insbesondere begrüßen wir, dass das MVI auf die Heranziehung des Nutzen-Kosten-Verhältnisses verzichten will.

Allerdings wünschen wir uns vom Land bzw. MVI, dass es ehrlicher ist als der Bund und das BMVBS und Mut zur Feststellung hat, dass wir in Deutschland und in Baden–Württemberg genug Straßen haben, so dass das Land keinen Neu- oder Aus-baubedarf mehr für den BVWP anmelden muss.
Die Bevölkerung schrumpft. Die Verkehrsmengen stagnieren. Sie werden vom Bund lediglich durch veraltete Prognosen hochgehalten und durch die Annahme, dass im Jahr 2025 alle Projekte des BVWP 2003 im vordringlichen Bedarf realisiert sind
Die angebliche Notwendigkeit von Straßenneubauten beruhen ferner bislang auf Nutzen-Kosten-Verhältnissen, bei denen die Projektnutzen zum Großteil aus monetarisierten Zeitgewinnen berechnet wurden (bessere Erreichbarkeit, Transportkostensenkung, u.a.). Diese Zeitgewinne aber gibt es nicht! Im Verkehr gewonnene Zeit wird im Schnitt wieder in Verkehr investiert (meist durch weitere Fahrten).
Wenn die eine oder andere Optimierungsmöglichkeit an Bundesfernstraßen ohne gravierende Eingriffe und bei hoher Akzeptanz und Umweltverträglichkeit besteht, dann sollte diese flächen- und verkehrsmengenneutral umgesetzt werden. So könnte vom Antragsteller eines Bundesfernstraßenprojekts gefordert werden, gleichzeitig einen konkreten Vorschlag für den Wegfall einer Straße oder deren Rückbau zu einem Radweg vorzulegen.

Allein der Mangel an Geld und die Vorgaben der Haushaltskonsolidierung auf Bun-des- wie auf Landesebene führen zwischenzeitlich zu der Einsicht, dass der Unter-halt und Erhalt unseres verkehrlichen Infrastrukturnetzes wichtiger ist als der Neu- oder Ausbau von Straßen. Überlegungen, als neue Geldquelle eine Pkw-Maut einzuführen oder die Lkw-Maut ausschließlich für den Straßenbau zu verwenden, sind nicht zielführend, wenn es darum geht, den Verkehr in umweltverträglichere Bahnen zu lenken und insbesondere den Güterverkehr auf die Schiene oder das Schiff zu verlegen. Die Überlegungen müssten vielmehr einem Vorschlag des LNV folgen, die Kfz-Steuer durch eine deutlich stärkere CO2-Anlastung (ab 100g/km) mit mehr Lenkungswirkung zu versehen und den Mehrertrag (in Höhe von 10 Mrd. Euro) den Ländern für die Förderung des ÖPNV zuzuweisen. Damit wird eine Entlastung des Straßensystems erzielt, wovon der Autoverkehr profitiert.
Straßenbau trägt in bereits gut ausgebauten Straßennetzen eben nicht zu Wirtschaftswachstum oder Schaffung neuer Arbeitsplätze bei. Vielmehr profitieren von Straßenbau die Agglomerationen, und dies auf Kosten des ländlichen Raumes Umweltverträgliche Mobilitätsformen werden durch mehr Straßenbau und Förderung des motorisierten Individualverkehrs in der Regel beeinträchtigt. Wir betonen daher nochmals, dass der LNV den Ausbau von Straßen parallel zu Schienenwegen oder Schifffahrtsstraßen ablehnt.
Vergleichbar dem Energie- und Abfallbereich wird es zukünftig politische Aufgabe sein, mit weniger Verkehr eine höhere Qualität der Wirtschafts- und Lebensweise zu erreichen.

Bei der Bedarfsermittlung muss in der Zukunft zugrunde gelegt werden, dass jährlich eine Verkehrsabnahme von 1 % stattfindet, im Zeitraum des BVWP von mindestens 10 %. Diese Tendenz ist einerseits (wie schon erwähnt) demographisch vorgegeben, andererseits durch folgende Faktoren:
– Jugendliche legen nicht mehr so viel Wert auf Autobesitz, stattdessen stärkere Nutzung von Smart-Phone-vermittelten Carsharing-Angeboten;
– Peak-Oil wird das Verkehrsvolumen von konventionell angetriebenen Pkw längerfristig einschränken: das vorhandene Öl ist zu wertvoll, um verbrannt zu werden;
– Elektro-Autos bedingen in der Regel ein anderes Fahr- und Nutzerverhalten;
– regionale Wirtschaftskreisläufe werden zukünftig an Bedeutung gewinnen, da wir aus ethisch-menschenrechtlichen Gründen unseren Konsum nicht mehr aufrechterhalten können mit Billigprodukten aus fernen Ländern mit unwürdigen Sozial- und Umweltstandards;
– EU-Vorschriften zur Feinstaubverringerung sind bei zunehmender Motorisie-rung nicht einzuhalten;
– auch in Deutschland ist mittelfristig eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf 30/90/120 km/h zu erwarten, da dies nicht nur eine kostenlose, sondern eine sehr effektive Maßnahme ist, um Energiewende, Klimaschutz und Lebensqualität gleichermaßen zu befördern;
– in einem verkehrsträgerübergreifenden Ansatz (der im Entwurf des BVWP lei-der fehlt) muss die vorrangige Entwicklung des Schienenverkehrs einberech-net werden: hier ist schon heute ein enormes Wachstum vorauszusehen, be-sonders im Hinblick auf den Gotthard-Basistunnel, den 4-gleisigen Ausbau der Rheinschiene, den 2-gleisigen Ausbau der Gäubahn, Elektrifizierungsmaßnahmen an Hochrhein und Südbahn, die vielen Stadtbahnausbauvorhaben im Land und neue einheitliche Tarif-Großstrukturen (BW-Ticket+). Die Zunahme des öffentlichen Verkehrs, die heute schon statistisch nachweisbar ist, wird im Entwurf des BVWP nicht zur Kenntnis genommen: das hält der LNV für einen erheblichen methodischen Mangel, der den BVWP in seiner Kernfunktion als Planungsinstrument erheblich beeinträchtigt.

Der LNV bittet MVI, Landesregierung und Parlament, den Mut aufzubringen, als ers-tes Bundesland keine Straßenprojekte für den BVWP 2015 mehr anzumelden, son-dern die dem Land entsprechenden Mittel umzulenken in eine konsequente Förde-rung der landesweit bedeutsamen Schienenverkehrsachsen. Zum Schienenver-kehrsprogramm hat der LNV eine Stellungnahme am 15.4.2013 abgegeben und darauf hingewiesen, dass es sich dabei um keinen unverbindlichen Wunschkatalog handelt, sondern um ein im 10-Jahreszeitraum abzuarbeitendes Minimalprogramm.

Exemplarisch sei zuletzt auf einige Projekte des „vordringlichen“ Bedarfs des BVWP 2003 in der Region Schwarzwald-Baar eingegangen, die zeigen, dass die bisherigen Einstufungen sehr fragwürdig sind, die Projekte überprüft, herausgenommen oder neu priorisiert werden müssen. Diese Feststellung ist nach den uns bekannten Stellungnahmen der LNV-Mitgliedsverbände auf das ganze Land übertragbar:
– B27/Donaueschingen-Hüfingen: dazu hat der LNV am 31.10.2012 fest-gestellt, dass nur ein punktuelles Problem zu lösen ist, konkret durch eine Kreisverkehrsanlage an der Abzweigung Allmendshofen.
– B27/OU Behla: der Ort hat sich längst von der B27 wegentwickelt; die OU würde neue Betroffenheiten schaffen für Naherholung und Landwirtschaft.
– B27/OU Zollhaus: hier trifft dasselbe zu wie für Behla.
– B523/VS-2.BA: ökologisch sensibles Naherholungs-Gebiet, Schaffung neuer Betroffenheiten in Haslach und wenig Entlastung des innerörtlichen Verkehrs, da hoher Anteil an Ziel- und Quellverkehr.
Die folgende Anlage geht auf das Landeskonzept und seine Priorisierungskriterien näher ein für den Fall, dass das Land an seinem Vorhaben festhält, doch Neu- und Ausbauprojekte gegenüber dem Bund anzumelden.

Ergänzende LNV-Anmerkungen zu einigen Priorisierungskriterien

Grundsätzliche Anmerkungen

Das vorgelegte „Landeskonzept für den Verkehrsträger Straße“ vollzieht die Fehler des BMVBS im Grundkonzept zum BVWP 2015 nach. Es setzt wie der Bund auf einen Neu- und Ausbau von Bundesfernstraßen, der allein wegen fehlender Finanzmittel begrenzt werden soll. Es fehlt immer noch die Einsicht, dass das baden-württembergische Straßennetz längst ausreichend ist und jeder weitere Zubau nur neuen Verkehr, massive Umwelt- und Naturbelastungen sowie zusätzliche Erhaltungskosten nach sich zieht, nicht aber wirtschaftlichen Aufschwung, mehr Arbeitsplätze oder mehr „Freiheit“.
Der LNV erwartet von der grün-roten Landesregierung eine aktiv lenkende und Ver-kehrsträger übergreifende Verkehrspolitik weg von der Straße hin zum Öffentlichen und Schienenverkehr und damit die Einstellung des Straßenbaus.

Wir verweisen auf die LNV-Ausführungen zum Generalverkehrsplan vom 7.11.2008 (Anlage 2). Darin sind die Grundsätze für eine nachhaltige Verkehrspolitik dargelegt. Schwerpunkt der Straßenfinanzierung muss beim Erhalt des Straßennetzes liegen sowie bei der Verbesserung von
• Klimaschutz, also absolute Minderung der verkehrsbedingten CO2-Emissionen
• Lärmschutz
• Naturschutz (z.B. Grünbrücken und Kleintierdurchlässe)
• Verkehrssicherheit
• Flächenschutz, auch über Rückbau überdimensionierter Straßen
wobei Maßnahmen zur Geschwindigkeitsdämpfung in allen diese Themenfeldern zu Verbesserungen beitragen würden.

Seit einigen Jahren stagniert der Verkehr (siehe auch PM des MVI vom 14.03.2013) oder wächst deutlich langsamer als in der Vergangenheit. Der Verkehr nimmt nur dort noch zu, wo Straßen gebaut werden, und auf Autobahnen. Würden keine Stra-ßen mehr gebaut, würde der Pkw-Verkehr nach Berechnungen unseres LNV-Arbeitskreises Stuttgart in der Region Stuttgart um 0,5 % bis 1 % pro Jahr sinken. Mit aktiver Lenkung, also Entschleunigung und Straßenrückbau, würde es zur Abnahme des Autoverkehrs auf unseren Straßen kommen. Das wäre angesichts zurückgehender Bevölkerungszahlen und Mehrbedarf an Finanzmitteln im Sozial- und Umweltbereich zukunftsgerecht.

Kriterien der Priorisierung
Unabhängig von unseren grundsätzlichen Erwägungen nehmen wir zu den einzelnen vorgesehenen Kriterien der Priorisierung folgendermaßen Stellung:

Das MVI will zunächst prüfen, ob andere Maßnahmen als Straßenausbau die ver-kehrlichen Probleme lösen können. Dies wird von uns ausdrücklich begrüßt. Es entspricht den gesetzlichen Vorgaben der Vermeidung von Eingriffen in Natur und Landschaft (BNatSchG, BauGB).

Kosten
Wir begrüßen den Verzicht, das Nutzen-Kosten-Verhältnis (NKV) als Kriterium her-anzuziehen, ausdrücklich.
Das NKV des Bundes beruht auf falschen Voraussetzungen und Zahlen. Es kommt in Deutschland durch weiteren Straßenbau weder zu Zeiteinsparungen noch zu Erreichbarkeitsgewinnen. Im Gegenteil: Der Bau neuer Straßen führt zu Erreichbar-keitsdefiziten und zu einer Zunahme des zeitlichen Verkehrsaufwands. Unter einer faktenbasierten Betrachtung der Kosten und des Nutzens wird es kaum eine Stra-ßenplanung in Deutschland geben, die beim NKV noch einen Wert gleich oder grö-ßer 1 aufweist.

Verkehrssicherheit
Schaffung von mehr Verkehrssicherheit ist ein sehr wichtiges Ziel. Straßenbau wird allerdings in den seltensten Fällen zur Erhöhung der Verkehrssicherheit beitragen. Auf Straßen, die nicht gebaut werden, kann auch kein Verkehrsunfall stattfinden. Auf neuen oder schneller befahrbaren Straßen dagegen sehr wohl. Der LNV lehnt Straßen(aus)bau als angeblichen Beitrag zur Verkehrssicherheit ab.
Durch Neubaumaßnahmen wird zusätzlicher Verkehr induziert und damit auch Un-fallgeschehen. Auf der Neubaustrecke wird schneller gefahren, womit das Unfallrisiko und die Unfallschwere ebenfalls steigen. Selbst auf der Altstrecke kann schneller und damit risikoreicher gefahren werden, wenn sich die verkehrliche Entlastung tatsächlich einstellen sollte. Der vermeintliche Sicherheitsgewinn durch Straßenbau ist nicht erkennbar.
Verkehrsrisiken wie regional erhöhte Nebel- oder Glatteisgefahr oder risikofreudige Altersgruppen können auch durch Straßen(aus)bau nicht ausgeschaltet werden.
Straßenbau wäre auch die denkbar teuerste Maßnahme zur Steigerung der Ver-kehrssicherheit. Maßnahmen wie Tempolimits (auch zur Reduktion der Geschwin-digkeitsunterschiede der Verkehrsteilnehmer!) und andere Maßnahmen der Ver-kehrsberuhigung sowie Verkehrskontrollen und schärfere Sanktionen sind deutlich kostengünstiger und wirksamer.

Verkehrsfluss
Stau ist oft eine Folge zu großer Geschwindigkeitsunterschiede der Verkehrsteil-nehmer. Daher fordert der LNV seit langem die Einführung einer generellen Ge-schwindigkeitsbegrenzung auch auf Autobahnen.
Insbesondere die Reduktion der Geschwindigkeitsunterschiede der Verkehrsteilnehmer auf stauträchtigen Straßenabschnitten gehört zu den vorrangig anzuwendenden Vermeidungsmaßnahmen von Straßen(aus)bau.
Verkehrsfluss ist ferner kein zusätzlicher Wert an sich, sondern zielt auf Beschleunigung und vermeintliche Reisezeitersparnis ab. Da im Verkehr eingesparte Zeit wieder in Verkehr reinvestiert wird, gibt es dies Ersparnis aber nicht.
Staus sind auch nicht per se umweltschädlich, da angesichts des konstanten Reisezeitbudgets nicht die Emissionen pro gefahrenen Kilometer maßgeblich sind, sondern pro gefahrener Zeiteinheit! Ein Fahrzeug emittiert bei einer Minute Fahrt mit 6 km/h deutlich weniger Lärm und Schadstoffe als bei einer Minute Fahrt mit 50 km/h.

Wirkung Mensch: Lärmentlastung
Wir regen an, diejenigen baureifen Ortsumfahrungen zurückzustellen, bei denen die zuständige Gemeinde noch nicht alle sinnvollen Möglichkeiten von Verkehrssicherheitsmaßnahmen für Fußgänger und Radfahrer sowie von Lärm-, CO2- und Schadstoff-Reduzierung insbesondere durch Geschwindigkeitsdämpfung auf vorhandener Strecke umgesetzt hat.
Dies gilt insbesondere für diejenigen Gemeinden, für die ein Luftreinhalte- oder Aktionsplan aufgestellt werden muss, und für Gemeinden mit der Pflicht zur Erstellung eines Lärmschutzplans.
Der LNV bittet das Land, eine Bundesratsinitiative zur Änderung des § 45 Abs. 9 der StVO dahingehend einzubringen, dass Geschwindigkeitsbegrenzungen auch als Vorsorgemaßahme für z.B. die Sicherung von Schulwegen, Lärm- und Luftschutz für die Bevölkerung angeordnet werden können.

Wir regen folgende ergänzende Bewertungen an:
• Der Wert der Lärmentlastung mit Neubau der Straße sollte auch dem Wert der Lärmentlastung ohne Neubau, aber mit Durchführung von verkehrsberuhigenden Maßnahmen (z.B. Geschwindigkeitsbegrenzungen auf 30 oder 40 km/h oder verkehrsbeschränkende Maßnahmen wie nächtliche Lkw-Fahrverbote) gegenübergestellt werden.
• Es sollten auch die (neuen) Lärm-Belastungen durch die neue Straße erfasst und bewertet werden.
• Insbesondere ist auch die Verlärmung von Erholungsräumen zu berücksichtigen. Werden Naherholungsräume verlärmt, führt dies auch zu zusätzlichem Verkehr bei der Suche nach unverlärmten, weiter entfernten Erholungsräumen.
• Es sollte geprüft werden, ob Ortsdurchfahrten, für die eine Ortsumgehung bean-tragt wird, dem anerkannten Stand der Straßenbautechnik entsprechen (RASt 06, FGSV-Regelwerk Richtlinien für die Anlage von Stadtstraßen, 2006), oder ob sie viel zu breit angelegt sind. Das Potenzial für Rückbau und für Maßnahmen zur Geschwindigkeitsdämpfung ist groß.
• Es sollte eine rechtsverbindliche Zusicherung der antragstellenden Gemeinde vorliegen, dass eine Konzeption zur Verkehrsberuhigung einschließlich Rück-bau der alten Ortsdurchfahrt vorliegt und umgesetzt wird, damit nach Bau der neuen Ortsumgehung die gewünschte Entlastung – weniger und leiserer Verkehr – auch tatsächlich eintritt. Andernfalls fehlt aus LNV-Sicht die Rechtsgrundlage für Bau und Finanzierung der Ortsumgehung.

Die gleichen Zusammenhänge und Schlussfolgerungen gelten sinngemäß auch für die Fragen der Luftqualität.

Wirkung Mensch: Abschätzung erzielbarer Verlagerungswirkung
Dieses Kriterium ist ein sehr wichtiges und wird vom LNV begrüßt.

Wirkung Umwelt
Wir begrüßen es, dass Umweltkriterien Berücksichtigung finden sollen, die bislang nicht beachtet wurden.

Wirkung Umwelt: Flächenverbrauch
Der LNV erwartet flächenneutrale Straßenbauten (neben verkehrsmengenneutralen), d.h. der Antragsteller des gewünschten Straßen(aus)bauprojekts sollte auch einen Vorschlag für den Rückbau einer anderen öffentlichen Straße einreichen müssen. Dieser Vorschlag sollte mit den Betroffenen und Unterhaltspflichtigen abgestimmt sein. Der Rückbau ist als Ausgleichsmaßnahme rechtsverbindlich mit Fristsetzung im Planfeststellungsbeschluss zu verankern.

Wirkung Umwelt: Zerschneidungswirkung
Für die Einschätzung der Zerschneidungswirkung sollten sowohl die nach Landes-entwicklungsplan 2002 geschützten großflächigen unzerschnittenen Räume berücksichtigt werden, als auch der Generalwildwegeplan der FVA und die Biotopverbundkonzeption 2012 der LUBW. Da Wasserwege bislang nicht in der Biotopverbundkonzeption enthalten sind, müssen auch die Gewässerrandstreifen und Auen der Flüsse zum Biotopverbund hinzugerechnet werden.
Ferner ist die Zerschneidung und Entwertung bisheriger Erholungsräume für die Bevölkerung durch den Straßenneubau zu berücksichtigen.

Netzfunktion
Die Festlegung von Verkehrsnetzen hat einerseits den Vorteil der Konzentration des Verkehrs auf diese Netze. Andererseits dienen diese Netze der Beschleunigung des Kfz-Verkehrs und induzieren damit neuen Verkehr. Dies aber muss vermieden werden.
Das Konzept des Bundes betrachtet leider nicht alle Verkehrsträger und enthält kei-nen Vorrang des Schienennetzes. Der LNV lehnt jedoch Straßenausbau parallel zu Schienenwegen oder Schifffahrtswegen als volkswirtschaftlich und aus Umwelt-schutzsicht unsinnig ab.

Fehlendes Kriterium: Beitrag der Straßen(aus)bauprojekts zu den Klimaschutzzielen
Bei den ausgewählten Kriterien fehlen die Auswirkungen des Straßen(aus)bau-projekts insbesondere auf die zusätzliche CO2-Belastung der Atmosphäre (Klimaer-wärmung).
Der LNV erwartet einen deutlichen Eigenbeitrag der Straßenbau- und Verkehrsver-waltung zu den Klimaschutzzielen in Deutschland und Baden-Württemberg. Es darf nicht sein, dass sich Bund und Land auf den Fortschritten der Automobilindustrie (wie sparsamere Motoren) ausruhen und diese Fortschritte durch anhaltenden Stra-ßen(aus)bau und durch Induzieren von noch mehr Verkehr sogar schmälern.
Der LNV erwartet von Bund und Land einen Eigenbeitrag zur CO2-Einsparung durch aktive Reduzierung des Straßenverkehrsaufkommens über die Lenkungsinstrumente Verkehrsinfrastruktur-Gestaltung und Geschwindigkeitsbegrenzung.

Stuttgart, den 14.05.2013 Landesnaturschutzverband Baden Württemberg

Fortschreibung des Bundesverkehrswegeplans

LNV-Stellungnahme zum Bundesverkehrswegeplan Straßen