LNV und NABU: Windenergieanlage in Braunsbach muss weiter still stehen

Naturschutzverbände begrüßen Betriebsverbot im Brutgebiet von Greifvögeln

Das Windrad Braunsbach-ORL 6 im Landkreis Schwäbisch Hall darf nicht in Betrieb gehen, auch nicht über Nacht oder im Winter. Damit hat das Verwaltungsgericht Stuttgart mit Beschluss vom 15. Februar 2019 erneut den Umweltverbänden LNV und NABU Recht gegeben und die fehlende Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) für das bereits errichtete Windrad gerügt. Das Gericht verweist in seinem Beschluss darauf, dass der Winter- und Nachtbetrieb bereits beim letzten Verfahren des Verwaltungsgerichtshofs beantragt war und schon damals abschlägig beschieden wurde.

„Wir sind erleichtert, dass das Verwaltungsgericht auch hier wieder unsere Rechtsauffassung bestätigt hat. Der Fall zeigt, dass die gesetzlich vorgeschriebene Umweltprüfung nicht einfach umgangen werden kann. Mit dem Versuch, sich an der Umweltverträglichkeitsprüfung vorbeizumogeln, ist die EE Bürgerenergie als Betreiber des Windparks erneut vor Gericht gescheitert“, sagt der LNV-Vorsitzende Gerhard Bronner.

„Sowohl das Verwaltungsgericht Stuttgart als auch der Verwaltungsgerichtshof Mannheim haben in ihren vorhergehenden Beschlüssen vom 15.03.2017 und 22.12.2017 festgestellt, dass für Bauvorhaben, bei denen mit einem erheblichen Eingriff in Natur- und Landschaft zu rechnen ist, eine vollständige Umweltverträglichkeitsprüfung vorzunehmen ist. Dabei muss stets die Öffentlichkeit im Verfahren angehört und beteiligt werden“, erklärt NABU-Landesvorsitzender Johannes Enssle.

Auch die örtlichen Aktiven von NABU und LNV sehen sich durch den Beschluss des Verwaltungsgerichts bestätigt. Sie fordern die Investoren und den Bürgermeister der Gemeinde Braunsbach dazu auf, von ihren unsachlichen und inakzeptablen Anfeindungen abzulassen: „Die Anfeindungen und Unterstellungen, die von Seiten des Bürgermeisters von Braunsbach und den Investoren immer wieder gegen die örtlichen Naturschützer ausgesprochen wurden, müssen endlich der Vergangenheit angehören“, unterstützen Enssle und Bronner die örtlichen Naturschützer, die sich stets seriös und über einen langen Zeitraum mit hoher Fachkenntnis ehrenamtlich in das Verfahren eingebracht haben.

Zum Hintergrund:
LNV und NABU hatten bereits im April 2016 Widerspruch gegen die Anlage eingelegt, da sie inmitten des Brutreviers von vier streng geschützten, windkraftsensiblen Greifvogelarten steht – unter anderem in einem Dichtezentrum des Rotmilans, in dem besonders viele dieser Vögel brüten. Dass das Windrad das Tötungsrisiko signifikant erhöht, haben Ehrenamtliche von NABU und LNV aus dem Kreis Schwäbisch Hall durch eigene Studien nachgewiesen und frühzeitig ins Verfahren eingebracht. Dennoch wurde die Genehmigung erteilt und die Anlage gebaut. LNV und NABU reichten daher beim Verwaltungsgericht Stuttgart einen Eilantrag ein, dem am 15.03.2017 stattgegeben wurde. Seitdem steht das Windrad still.

Geschützte Greifvögel in Braunsbach
In Braunsbach haben ehrenamtliche Vogelkundler von NABU und LNV ein Dichtezentrum des Rotmilans kartiert. Dieses Dichtezentrum war bereits 2012 durch behördlich veranlasste Erhebungen der LUBW (Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg) bekannt. Das Land Baden-Württemberg hat für den Schutz des Rotmilans eine besondere Verantwortung, da zehn bis 17 Prozent seines Weltbestands im Land brüten. Zu Baubeginn konnten im Jahr 2016 vier streng geschützte Greifvogelarten in einem Umkreis von 600 Metern um die Baustelle der Windkraftanlage nachgewiesen werden – Rotmilan, Schwarzmilan, Baumfalke und Wespenbussard. Alle Bruten wurden im Laufe der Saison aufgegeben. Diesen Totalausfall führen die Vogelkundler auf Störungen durch den Baubetrieb zurück.

Rotmilan-Dichtezentren
Als Dichtezentren werden in Baden-Württemberg Gebiete mit hoher Rotmilan-Siedlungsdichte bezeichnet. Das trifft konkret zu, wenn um einen geplanten Windradstandort mindestens vier Brutpaare in einem Umkreis von 3.300 Metern nachgewiesen werden. Sie dienen dem Schutz der Quellpopulationen, von denen aus diese Vögel auch andere Regionen besiedeln können. Für den Gesamtbestand sind sie von fundamentaler Bedeutung, um Verluste außerhalb der Dichtezentren ausgleichen zu können, wo Rotmilane weniger streng geschützt sind. Die Genehmigungsbehörden müssen ein solches Dichtezentrum beachten und dürfen dort keine Anlagen genehmigen, wenn diese den Mindestabstand von einem Kilometer zu einem Brutplatz des Rotmilans unterschreiten und der Vogel den Anlagenstandort regelmäßig zur Nahrungssuche befliegt.

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