Viel Lob und wenig Kritik zur Novelle des Landesnaturschutzgesetzes

LNV-Stellungnahme zur Neuordnung des Rechts des Naturschutzes und der Landschaftspflege

an das Ministerium Ländlicher Raum Baden-Württemberg

Der LNV begrüßt die Novellierung des Naturschutzgesetzes Baden-Württemberg (NatSchG BW). Durch die Verabschiedung des Bundesnaturschutzgesetzes am 29.07.2009 wurden zahlreiche Landesregelungen außer Kraft gesetzt, so dass die Novellierung des NatSchG BW dringend notwendig ist, um Unklarheiten zu bereinigen, bewährte Landesregelungen zu erhalten und neue Schwerpunkte zu setzen.

Zusammengefasst begrüßt der LNV die folgenden Regelungen:

• Stärkung der Landschaftserhaltungsverbände durch erstmalige gesetzliche Regelung der Zusammensetzung und Aufgaben (§ 65)
• Sicherung des Biotopverbunds (§ 22)
• Vorlage eines Moorschutzkonzepts durch die Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz (§ 60 Absatz 2 Nr. 7) sowie dessen Umsetzung durch die höheren Naturschutzbehörden (§ 58 Absatz 3 Nr. 9)
• gesetzlicher Schutz von Alleen als geschützte Landschaftsbestandteile (§ 31 Absatz 4 bis 7)
• Stärkung der Mitwirkungsrechte der anerkannten landesweit tätigen Naturschutzvereinigungen durch Beteiligung an einigen weiteren Verfahren (§ 49 Absatz 2)
vor Befreiungen vom Schutz gesetzlich geschützter Biotope; bei Natura2000-Verträglichkeitsprüfungen, bei planfeststellungsersetzenden Plangenehmigungen auch ohne Öffentlichkeitsbeteiligung; bei Eingriffen in sog. Unzerschnittene verkehrsarme Räume nach § 20;
• Schutz von naturschutzfachlich besonders hochwertigen Schutzgebieten vor gentechnisch veränderten Organismen (§ 35 Absatz 1 bis 4; § 35 Absatz 5 bis 6 sowie Art. 15 Nummer 1 des Neuordnungsgesetzes;)
Dies betrifft Naturschutzgebiete, Kern- und Pflegezonen von Biosphärengebieten sowie flächenhafte Naturdenkmale; weitergehender Schutz der Natura 2000-Gebiete als nach Bundesrecht sowie den Schutzabstand vom Nationalpark Schwarzwald
• Verordnungsermächtigung für allgemeine Ausnahmen vom artenschutzrechtlichen Entnahmeverbot für Bildungszwecke (§ 40 Absatz 1)
• Erweiterung des Suchraums für Ersatzmaßnahmen auf das Gemeindegebiet sowie bei Eingriffen in kleineren Naturräumen auf benachbarte Naturräume (§ 15 Absatz 1)
Damit wird es möglich, den Biotopverbund als sinnvolle Kompensationsmaßnahme umzusetzen, statt fragwürdige Maßnahmen vor Ort zu planen.
• Umweltbeobachtung sowie Bericht zur Lage der Natur (§ 8)

Der LNV lehnt folgende geplanten Änderungen ab:

• Die Mitwirkung anerkannter Naturschutzvereinigungen, die Mitglied im LNV sind, künftig nur noch über den LNV (§ 49 Abs. 2 letzter Satz).
Es muss gesichert sein, das jeder anerkannten Naturschutzvereinigung das Recht auf Abgabe und Berücksichtigung einer eigenen Stellungnahme bleibt!
• die geplante Ablösung des Begriffs der freien Landschaft durch „offene Landschaft“ (§ 43) und damit verbundene Zuständigkeits-Unklarheiten (z.B. für Streuobstwiesen, Wacholderheiden, Feldgehölze, Hecken, Sukzessionsstadien)
• Die geplante Abweichung von den strengeren Bundesregelungen für die Ausweisung von Naturparken (§ 29)
• die geplante Änderung des Biotopschutzes von Trockenmauern (Mindesthöhe 0,75 m statt bislang 0,5 m, Mindestfläche 10 m² statt bislang 2 m², Anlage 2 zu § 33 Abs. 1)
• die geplante Größenbegrenzung von Feldhecken bzw. Feldgehölzen auf 0,5 ha und unter 50 m Breite (Anlage 2 zu § 33 Abs. 1)
• Die Rücknahme der Mitwirkungsrechte anerkannter Naturschutzvereinigungen (§ 49 Absatz 2) im Vergleich zum Umweltverwaltungsgesetz vor Erteilung von Bewilligungen und gehobenen Erlaubnissen nach §§ 11 und 15 WHG auf Fälle bestimmter Größenordnung

Der LNV vermisst in der Novelle:

• Anhörungsrechte (zu § 49 Abs. 2)
– vor Ausnahmen (und nicht nur Befreiungen) vom Biotopschutz
– vor Erlass oder Änderung von Schutzgebiets-Verordnungen nach Wasserrecht (Wasserschutz-, Heilquellenschutz-, Überschwemmungsgebiete, Gewässerrandstreifen) durch Zusendung der Unterlagen
– bei der Vorprüfung auf Natura2000-Verträglichkeit durch einen Gutachter,
– vor Befreiung von Waldbiotopen nach § 30a Abs. 2 LWaldG
– bei planfeststellungsersetzenden Bebauungsplänen
– bei der Bauleitplanung durch Bekanntgabe der Fundstelle der elektronischen Anhörungsunterlagen bzw. deren Zusendung
– Vor Bauvorhaben und Abgrabungen im Gewässerschutzstreifen und Gewässerrandstreifen (nach § 61 BNatSchG und § 38 WHG/§ 29 WG BW)
– Vor Genehmigung von Abgrabungen und Auffüllungen nach § 19 Abs. 1 diesen Gesetzes
– vor Aufforstungen nach § 25 Landwirtschafts- und Landeskulturgesetz
• eine notwendige Abweichung vom BNatSchG zu Baumfällungen (§ 40)
statt auf allen „gärtnerisch genutzten Grundflächen“ sollte die Ausnahme aus LNV-Sicht nur auf „gewerblich gärtnerisch genutzten Grundflächen“ gelten. Damnit würde die frühere (bessere) Landesregelung weitgehend wiederhergestellt.
• neben Erhaltungszielen sollten auch Verbotstatbestände in den Sammelverordnungen für Natura 2000-Schutzgebiets-Verordnungen verankert werden (§ 36 (2)
• eine Pflicht zur Erfassung auch unerheblicher Eingriffe in Natura 2000-Gebiete, um die Überschreitung der Erheblichkeitsschwelle feststellen zu können (zu § 38 Abs. 1 )
• Zeitvorgaben und Mindestinhalte von Landschaftsplänen, Grünordnungsplänen und ihren Fortschreibungen,
Pflicht zur Übernahme wichtiger Inhalte der Landschafts- und Grünordnungspläne in die verbindlichen Bauleitpläne
fehlende Genehmigungsfähigkeit von Bauleitplänen ohne Aktualisierung des Landschaftsplans (in § 10 bzw. § 12)
entsprechende Festlegungen auch für Landschaftsrahmenprogramm und Landschaftsrahmenpläne (in § 10 bzw. § 11)
• Konkretisierung der Rolle von Grünordnungsplänen als Freiflächenverbund im besiedelten Bereich für wohnortnahe Erholung, Naturerleben, Sicherung von Kaltluftschneisen und Hochwasserschutz (als § 12 Abs. 3 neu)
• Genehmigung von Bauleitplänen von der Umsetzung von Pflichten aus früheren Bauleitplänen abhängig machen (als § 15 Abs. 5 neu)
• Eine Einschränkungsmöglichkeit in Naturschutzgebieten für wirtschaftliche Nutzung generell, nicht nur für Kirrungen und Fütterungen, zu eröffnen (in § 28 Abs. 1; wird vom LFV nicht mitgetragen)
• Die Festlegung mindestens eines Sitzes für die Naturschutzverbände in Vorstand und Beirat der Naturparkvereine (in § 29, analog zu § 65 (3) bei LEV)
• Beschränkung des Bauens in den Gewässerrandstreifen auf die wassergebundene Erholung (in § 47 (3))
• Die Bereitstellung von Grundstücken durch Kommunen insbesondere auch im besiedelten Bereich (zu § 48)

Als Deregulierung schlägt der LNV vor:

• Verzicht auf die Pflicht zur strategischen Umweltprüfung für die Landschaftsplanung (zu § 10 Abs.2, § 13; Landschafts-, Grünordnungspläne, Landschaftsrahmenprogramm);
Landschaftsplanung ist Freiraumplanung und dient damit im Normalfall dem Natur- und Umweltschutz. Die geplante Formulierung kann aus LNV-Sicht gestrichen oder ins Gegenteil verkehrt werden.

Download: LNV-Stellungnahme zur Novelle des Landesnaturschutzgesetzes

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