LNV kritisiert Flächenverbrauch und fordert besseren Bodenschutz
5,4 Hektar Freiflächenverlust pro Tag
Enttäuschung über Ampel-Koalitionsvertrag
Neues LNV-Positionspapier verabschiedet
Zum „Tag des Bodens“ am 5. Dezember kritisiert der Landesnaturschutzverband Baden-Württemberg (LNV) den anhaltend hohen Flächenverbrauch im Land scharf. In seiner vor wenigen Monaten verabschiedeten Position zum Bodenschutz fordert der LNV, insbesondere die wertvollsten Agrarböden besser zu schützen und sie nicht weiter zu überbauen. Solche Lössböden finden sich beispielsweise rund um Stuttgart, etwa auf den Fildern und auf dem Langen Feld bei Ludwigsburg. Also genau dort, wo der Siedlungsdruck am höchsten ist. Passiert sei deutlich zu wenig.
Nach wie vor zu hoher Flächenverbrauch von 5,4 ha/Tag
Die aktuellen Zahlen des Statistischen Landesamts zum Flächenverbrauch zeigen keine Entspannung. 5,4 Hektar Freifläche werden allein in Baden-Württemberg pro Tag in Wohn-, Gewerbe- und Verkehrsflächen umgewandelt und gehen so für Landwirtschaft und Naturschutz verloren. Bereits für 2020 war als Ziel beschlossen, diesen Wert auf drei Hektar zu beschränken, was krachend gescheitert ist. Der grün-schwarze Koalitionsvertrag für Baden-Württemberg sieht nun 2,5 Hektar vor.
Ziel 2,4 ha/Tag nicht erreicht
Bisher wird nach Einschätzung des LNV allerdings zu wenig getan, um diese Ziele zu erreichen. Stattdessen würden sich viele Gemeinden mit immer weiteren Flächenwünschen überbieten, kritisiert der Dachverband der Natur- und Umweltschutzvereine in Baden-Württemberg. Den Vogel habe dabei der Regionalverband Bodensee-Oberschwaben abgeschossen, der für die nächsten 15 Jahre sage und schreibe 3.000 Hektar weitere Baugebiete vorsieht.
Ländlicher Raum als Treiber des Flächenverbrauchs
„Wir verhalten uns, als könnten wir eine zweite Ebene über Baden-Württemberg einziehen“, warnt LNV-Bodenschutzreferent Prof. Dr. Willfried Nobel. Auffällig sei, dass die meisten Flächen nicht etwa in Ballungsräumen in Anspruch genommen werden, wo vielerorts tatsächlich Wohnungsnot herrscht, sondern im ländlichen Raum. „Dort ist das Einfamilienhaus auch im Neubau noch der Standard, und die Bodenpreise sind so gering, dass man sich auf Gewerbeflächen einstöckige Gebäude und großflächige ebenerdige Parkplätze leistet. Das muss sich dringend ändern“, sagt Nobel.
Flächenfraß-Paragraph 13b bleibt im Baugesetzbuch
Sehr enttäuscht ist der LNV über den neuen Koalitionsvertrag auf Bundesebene. „Unsere Hoffnung, dass die neue Koalition in Berlin den ‚Flächenfraß-Paragraph‘ 13b im Baugesetzbuch sofort abschafft, wurde bitter enttäuscht“, sagt der LNV-Vorsitzende Dr. Gerhard Bronner. „Diese Regelung hat Umwelt- und Beteiligungsstandards für Wohnbebauungspläne reduziert und so dem Flächenfraß in fataler Weise Vorschub geleistet.“ Vorgesehen ist nun, den befristeten Paragraphen auslaufen zu lassen. „Das heißt aber: Noch drei Jahre lang können die Kommunen Bebauungspläne mit Dumpingstandards für Planungsqualität und Umweltschutz beschließen“, so der LNV-Chef.
Zum download: LNV-Position zum Bodenschutz
Hintergrund:
Ökosystemleistungen von Böden
Intakte Böden erfüllen vielfältige Aufgaben für den Naturhaushalt und können Schäden durch Wetterextreme wie Starkregen oder Hochwasser abmildern. Sie beeinflussen über die Verdunstung der Vegetation wesentlich das lokale und das regionale Klima. Um die Klimaschutzfunktion der Böden aufrecht zu erhalten, muss eine möglichst große unversiegelte und intakte Bodenfläche bewahrt werden. Ganz besonders gilt das für Moorböden, die enorme Mengen an Kohlestoff speichern.
Daneben sind fruchtbare Böden unverzichtbar, um hochwertige Lebensmittel zu erzeugen – gerade auch verbrauchernah vor Ort. So lassen sich lange Transportwege vermeiden, die weder ökonomisch noch ökologisch sinnvoll sind. Der Verlust von landwirtschaftlichen Flächen führt unter anderem auch zu immer höheren Importen von Futtermitteln.
Tag des Bodens
Die Internationale Bodenkundliche Union (IUSS) hat 2002 den 5. Dezember zum „Tag des Bodens“, beziehungsweise zum „Weltbodentag“ (World Soil Day) ernannt. Ziel ist es, einmal im Jahr die Bedeutung der natürlichen Ressource Boden ins Bewusstsein zu rücken. Übrigens: Der Lössboden ist der Boden des Jahres 2021.