LNV fordert Bundestagsabgeordnete von CDU und SPD auf, die Neuaufnahme des Paragraphen ins Baugesetzbuch zu stoppen
Weil durch den „Flächenfraß-Paragraf“ 13b im Baugesetzbuch (BauGB) Kosten von den Bauherren auf die Gesellschaft abgewälzt wurden, muss der Steuerzahler alleine in Baden-Württemberg für rund 84 Millionen Euro aufkommen. Das rechnet der Landesnaturschutzverband (LNV) vor. Derzeit berät der Bundestag über die insbesondere von CDU und CSU angestrebte Neuaufnahme des §13b ins Baugesetzbuch.
Der sehr umstrittene Paragraf erlaubt es, „kleine“ Wohnbaugebiete von bis zu fünf Hektar im vereinfachten Verfahren auszuweisen, also ohne Umweltprüfung und ohne Ausgleich der Eingriffe in den Naturhaushalt. „Der Flächenfraß-Paragraph wurde in Baden-Württemberg besonders intensiv ausgenutzt. Und zwar überwiegend nicht dort, wo die größte Wohnungsnot herrscht, sondern auf dem flachen Land – für Bauformen, die überaus verschwenderisch mit dem Boden umgehen“, kritisiert der LNV-Vorsitzende Gerhard Bronner. „Vor diesen Fakten verschließen die Befürworter insbesondere in der Union wohlweislich die Ohren.“
§13b BauGB entzieht dem Naturschutz 60.000 Euro pro Hektar
Württemberg eingeleitet. Bei vielen ist das Verfahren noch nicht abgeschlossen. Für die 1.400 Hektar Bauland, die davon betroffen sind, wären normalerweise Ausgleichsmaßnahmen nötig gewesen, die umgerechnet in Ökopunkte mindestens 60.000 Euro pro Hektar gekostet hätten. Bei 1.400 Hektar summiert sich das auf 84 Millionen Euro.
„Mit diesen Geldern wären Schutzgebiete aufgewertet, Biotope angelegt und Gewässer renaturiert worden – alles Dinge, zu denen das Land durch EU-Recht verpflichtet ist. Dafür muss nun der Steuerzahler aufkommen“, erklärt Bronner. In normalen Ausweisungsverfahren hätte nicht die Allgemeinheit diese Kosten tragen müssen, sondern gemäß dem Verursacherprinzip die Bauherren. Aus Sicht des LNV ist es absolut inakzeptabel, Kosten für eine allzu oft verschwenderische Bebauung auf die Gesellschaft umzulegen.
Mehrere Extrembeispiele in Baden-Württemberg
Der LNV übt auch grundlegende Kritik am §13b BauGB. „Der unsägliche §13b neutralisiert den im Baugesetzbuch festgeschriebenen sparsamen Umgang mit Bauland sowie den Vorrang für die Innenentwicklung. Daher darf er auf keinen Fall wiederbelebt werden“, fordert der LNV-Chef. Extrembeispiele in Baden-Württemberg seien beispielsweise die Kommunen Waldorfhäslach, Haigerloch, Bad Wurzach und Baindt, wo eine ganze Reihe solcher Bebauungspläne parallel entwickelt werden. „Reine Vorratshaltung anstatt Deckung eines dringenden Bedarfs“ – so bewertet der LNV das Vorgehen der Gemeinden.
Nicht nur Naturschützer klagen über den Flächenfraß-Paragrafen. Auch verantwortliche Raumplaner sehen mit Sorge, dass in Jahrzehnten entwickelte Planungsstandards über Bord geworfen wurden, Flächennutzungspläne gar nicht mehr fortgeschrieben werden und Gemeinden einfach ins Blaue hinein planen.
Flächenverbrauch doppelt so hoch wie beschlossen
Vom Ziel der Reduktion des Flächenverbrauchs, der 2020 mit 60 Hektar pro Tag bundesweit und mit fünf bis sechs Hektar landesweit beim Doppelten dessen lag, was man beschlossen hatte, würde sich die Politik mit der erneuten Einführung des §13b faktisch verabschieden. „Wir hoffen, dass wenigstens einer der Koalitionspartner in Berlin zur Vernunft kommt und die Notbremse zieht“, sagt Bronner.
Hintergrundinformationen:
Der Bundesrat hatte das Gesetz ursprünglich wohlbegründet abgelehnt
http://dip21.bundestag.de
Seitens der Umweltverbände läuft seit 2017 eine EU-Beschwerde gegen diesen Paragrafen, weil er EU-Recht aushebelt.
https://www.uvp.de
Der LNV hat jüngst Forderungen zum Flächenverbrauch aufgestellt:
https://lnv-bw.de
Weitere Links
https://lnv-bw.de
https://mitmachen.nabu.de
https://baden-wuerttemberg.nabu.de
LNV-PM zum download: Flächenfraß-Paragraph 13b BauGB kostet Steuerzahler 84 Millionen Euro