LNV-Info 13/2007
Dieses LNV-Info steht aus archivarischen Gründen im Netz, die Rechtslage hat sich inwischen geändert.
Amphibiendurchlässe sind Vermeidungsmaßnahmen
und keine Ausgleichsmaßnahmen! Dies ist im Merkblatt zum Amphibienschutz an Straßen (MAmS 2000) geregelt (S. 5).
Dieses Merkblatt ist 1987 vom Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen erstellt worden und im Jahr 2000 fortgeschrieben worden. Es gilt an Autobahnen und Bundesstraßen.
Durch den Erlass des damaligen Verkehrsministeriums vom 21.01.02 (Az: 6-880/3/26) gilt das Merkblatt auch an Landesstraßen, sowie an Straßen, die vom Land bezuschusst werden. Da die Planungen von Kreis- und Gemeindestraßen i. d. R. vom Land über die GVFG-Mittel bezuschusst werden, gilt das Merkblatt meist auch an diesen Straßen.
Mobile Fangzäune sind nach dem MAmS nicht zulässig! Nach dem Merkblatt ist eine zweijährige Voruntersuchung erforderlich. In der Voruntersuchung ist u. a. zu klären, wo welche Amphibienarten wandern. Nach den Ergebnissen sind die Querungshilfen zu planen. Welche Querungshilfen überhaupt zulässig sind ist in dem MAmS geregelt.
Lebensraumaufwertung genauso wichtig wie Amphibienleiteinrichtungen
Heute werden beim Straßenneu- oder -ausbau zur Eingriffsminimierung meist nur Durchlässe mit Leitsystem vorgeschlagen. Diese technische Lösung kommt bei den Amphibien zu über 90 % Erdkröte, Grasfrosch und Bergmolch zugute. Bei vielen seltenen Arten, z. B. der Gelbbauchunke, gibt es keine sicheren Belege, dass diese die Durchlässe auch wirklich annehmen.
Leider fehlt bei vielen Planungsbüros und den Straßenbauverwaltungen das biologische und ökologische Fachwissen zu Amphibien. Häufig wird nur die Situation direkt an der Straße beurteilt, nicht aber alle Teillebensräume (Winterquartier, Sommerlebensraum, Laichgewässer und Wanderkorridore). Die logische Konsequenz: Es werden meist nur Durchlässe mit Leitsystem empfohlen. Diese rein technische Maßnahme wird von den „Straßenbauern“ gern aufgenommen, da sich die Durchlässe mit Leitsystem auf den unmittelbaren Bereich der Straße beschränken und weiterer Grunderwerb nicht erforderlich ist. Um den Eingriff durch den Straßenneu- oder Straßenausbau beurteilen zu können, müssen jedoch Informationen aus allen Teillebensräumen vorliegen. Nur dann kann naturschutzfachlich und artenschutzrechtlich beurteilt werden, ob Lebensraumaufwertung, Durchlässe mit Leitsystem oder eine Kombination erforderlich sind, um den Eingriff zu minimieren und auszugleichen.
Aus Naturschutzsicht sollten Lebensraumaufwertungen, wie z. B. die Neuanlage von Gewässern oder die Wiedervernässung von Landlebensräumen viel stärker eingefordert werden. Mit den Finanzmitteln, die für zwei Amphibiendurchlässe mit Leitsystem notwendig sind (ca. 100.000 €), können viele Gewässer angelegt werden, die seltenen Arten, auch anderer Artengruppen (z. B. Libellen), zugute kommen.
Fazit: Durch eine gute Vorplanung, bei der alle Teillebensräume berücksichtigt werden, kann der Amphibienschutz im Umfeld der Straße optimaler gestaltet werden. Aus Sicht des Naturschutzes sollte auch die Aufwertung von Amphibienlebensräumen mit dem Ziel des Populationswachstums angestrebt werden. Amphibiendurchlässe mit Leitsystem sind nur ein Teil des erforderlichen Amphibienschutzes.
Hubert Laufer, ABS: Amphibien & Reptilien Biotopschutz in Baden-Württemberg
Anke Trube, LNV-Geschäftsstelle