LNV-Stellungnahme zum Zukunftsinvestitionsprogramm (ZIP) des Bundes und der Länder
und Infrastrukturprogramm des Landes
an das Ministerium Ländlicher Raum
der Landesnaturschutzverband Baden-Württemberg (LNV) dankt für die Zusendung der Unterlagen, die der LNV als schlechten Faschingsscherz auffassen muss.
Dies gilt nicht nur für die Anhörungsfrist von 4 Arbeitstagen inmitten der Faschingsferien. Weit schlimmer ist die Tatsache, dass die Landesregierung von Naturschutz stets nur spricht, mit ihren Finanzmitteln aber immer wieder das Gegenteil anstrebt: Erst im Herbst wurden 3 Mio. Euro aus der Landschaftspflegerichtlinie zum Schaden von Natur und Vertragsnaturschutz gestrichen, um nun 5 Mio. Euro zusätzlich für die weitere Vernichtung von Natur und Lebensräumen durch Wegeneubau im Ländlichen Raum einzusetzen.
Der LNV lehnt die Förderung von Neubau und Ausbau ländlicher Wege ab, weil sie gleich mehreren internationalen und Landeszielen zuwider läuft und damit nicht den Nachhaltigkeitskriterien entspricht:
– Es werden zusätzliche Lebensräume zerschnitten zum Schaden von Tieren und Pflanzen (Widerspruch zur Internationalen Konvention zum Schutz der Biologischen Vielfalt, zum Aktionsplan Biodiversität Baden-Württemberg u.a.).
– Es werden zusätzliche Fläche versiegelt und damit Lebensraum vernichtet (Widerspruch zum Netto-Null-Ziel des Ministerpräsidenten, zum Aktionsbündnis Flächen gewinnen in Baden-Württemberg)
– Es werden künftigen Generationen zusätzliche Unterhaltungskosten aufgebürdet, obwohl die Gemeinden schon heute ihr ländliches Wegenetz nicht unterhalten können (Widerspruch zu den Vorgaben des Bundes- und Landes-ZIP!)
Wenn überhaupt, so sollten aus Sicht des LNV allenfalls vorhandene Wege saniert werden (ohne Ausbau!). Wir weisen vorsorglich darauf hin, dass für den Neubau und Ausbau von ländlichen Wegen folgende Prüfungen bzw. Nachweise notwendig sind. Die Angaben in 4.2.3 sind insofern unzureichend:
– grundsätzlich artenschutzrechtliche Prüfungen auf der Basis von Freilanderhebungen, ob besonders oder streng geschützte Arten direkt oder durch die Zerschneidungswirkung vom Wegebau betroffen sein können. Ggf. ist eine artenschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung der Naturschutzbehörde notwendig.
– bei Lage in Natura 2000-Gebieten FFH-Verträglichkeitsprüfung
– Nachweis der unterhaltspflichtigen Gemeinde, dass sie die zusätzlichen Wegeunterhaltungskosten und Ausgleichs-/Ersatzmaßnahmen dauerhaft finanzieren kann (Aufstellung über das derzeit und künftig zu unterhaltende Wegenetz, Aufstellung über die hierfür bereit gestellten Haushaltsmittel der letzten 10 Jahre; Bestätigung der Gemeinde, dass sie die Unterhaltungspflicht ohne staatliche Zuschüsse tragen kann)
– bei Waldwegen: der Nachweis, dass das Wegenetz keine 40 laufenden Meter pro Hektar überschreitet.
Der LNV fordert von der Landesregierung und speziell vom Ministerium für Ernährung und ländlichen Raum
– die umgehende Kürzung der im Haushalt 2009/2010 eingestellten Finanzmittel für ländlichen Wegebau in der Flurbereinigung um 5 Mio. Euro
– die Aufstockung der Haushaltsmittel 2009/2010 für die Landschaftspflege-Richtlinie um 3 Mio. Euro
– die Überweisung von 2 Mio. Euro an die Stiftung Naturschutzfonds mit der Zweckbindung „Wiederherstellung des Biotopverbunds im Sinne von Wildtierkorridoren im Ländlichen Raum“
– die Benennung von Nachhaltigkeitsbeauftragten in allen Ressorts, insbesondere im Staats-, Wirtschafts-, Innen-, Finanz- und Landwirtschaftsministerium, die die Landes- und Ressortpolitik einschließlich der Finanzpolitik auf ihre dauerhaft zukunftsfähige Ausrichtung überprüfen.
– endlich die Verpflichtung der Verwaltung zur Durchführung von FFH-Ver-träglichkeitsprüfungen (nach RL 92/43/EWG) und strategischen Umweltprüfungen (RL 2001/42/EG) für alle Flurbereinigungsverfahren, auch vereinfachten nach § 86 FlurBG.
mlr-ländlichewege-intLNV-Stellungnahme zu ländlichen Wegen