LNV-Stellungnahme vom 4.7.2014
zu ILE (Flurneuordnung), UZW und NNW (forstliche Fördermaßnahmen), FrWW (WRRL-Umsetzung) und Bildung
Vorläufiger Umweltbericht, Stand 23.05.2014
Der LNV stimmt in weiten Teilen mit der Einschätzung des Umweltberichts überein und konzentriert sich hier nur auf die Kapitel und Fördermaßnahmen, zu denen wir eine andere Auffassung vertreten.
Zusammenfassend sieht der LNV folgende Änderungsnotwendigkeiten:
• Auch wenn für manche Maßnahmen eigene Verfahren mit Umweltprüfungen durchgeführt werden, sollte auch schon auf der Programmebene eine Einschätzung der Umweltwirkungen erfolgen. Wir sehen deshalb die vorgeschlagenen Abschichtungsmöglichkeiten (Kap 6.2) kritisch. Eine Behandlung im Umweltbericht kann Impulse setzen, das Maßnahmendesign umweltorientiert zu gestalten.
• Die vorgeschlagenen Maßnahmen zur Überwachung der Wirkung (Monitoring, Kap. 8 des Umweltberichts) reichen nicht aus. Die aufgeführten globalen Meß-größen sind zwar sinnvoll und wichtig, sie sind jedoch mit den Maßnahmen durch ein kompliziertes Wirkungsgeflecht verbunden. Änderungen an den Indikatoren können nicht ohne weiteres einzelnen Maßnahmen zugeordnet werden.
• Deshalb müssen spezifischere maßnahmenbezogene Monitoringmethoden er-gänzt werden, die Erfolg oder Misserfolg einzelner Maßnahmentypen abbilden können.
• Die „Integrierte Ländlichen Entwicklung“ (ILE=Flurneuordnung mit Wegebau) ist in Teilen falsch dargestellt, wie weiter unten ausgeführt wird. Entsprechend sind die Schlussfolgerungen zur ihren Wirkungen teilweise irreführend. Dies ist bei einem geplanten Förderumfang von 35 Mio. Euro über MEPLIII und weiteren 98 Mio. Euro über die GAK von erheblicher Bedeutung.
• Bei der Flurneuordnung handelt es sich eben nicht um ein originäres Förderin-strument des Naturschutzes. Nach dem FlurBG darf Flächenabzug von den Teil-nehmern nur zu agrarischen Zwecken erfolgen (einschließlich der gesetzlich vorgeschriebenen Ausgleichsmaßnahmen für Eingriffe), nicht aber deutlich darüber hinaus für Naturschutzzwecke. Mit ILE werden also keine Naturschutzmaßnahmen gefördert, sie kann jedoch strukturelle Voraussetzung für die Umsetzung von Naturschutzmaßnahmen schaffen. Das setzt aber voraus, dass Mittel für Grunderwerb für Naturschutzzwecke vorgesehen wird.
Der LNV bittet also um Korrektur aller dieser Aussagen in Umweltbericht und im MEPL III und um eine neue Begutachtung der Förderung der Flurneuordnung nach ILE hinsichtlich ihrer Umweltwirkungen. Siehe Näheres in der Anlage zu dieser Stellungnahme.
• Die Wirkungen der forstlichen Förderrichtlinien „Naturnahe Waldwirtschaft“ (NWW) und „Umweltzulage Wald“ (UZW) wird zu positiv und teilweise irreführend dargestellt. Es handelt sich in erster Linie um die Förderung von Waldkalkung , von Wegebau und von Entschädigungszahlung für Waldbesitz in FFH-Gebieten. Unmittelbar naturschutzfördernd ist der Verzicht auf Nutzung von drei Bäumen/ha (Umsetzung des Alt- und Totholzkonzepts). Weitere aktive Maßnahmen für Naturschutz finden sich nur wenige darunter. Der LNV erwartet eine Förderrichtlinie analog der Landschaftspflege-Richtlinie für den Waldnatur-schutz.
• Bei der landwirtschaftlichen Beratung ist die notwendige Beratung in Richtung Natur- und Umweltschutz bislang nicht als Querschnittsaufgabe in allen Modulen eingearbeitet. Daher ist weiterhin eine Beratung in Richtung Intensivierung der landwirtschaftlichen Nutzung befürchtet werden, die Hauptursache für den Verlust an Biologischer Vielfalt und Mitursache vieler Umweltschäden ist. Ausnahme ist die neu eingeführte Biodiversitätsberatung. Wir dürfen auf die LNV-Stellungnahme vom 23.06.2014 zum Entwurf „Beratung 2020“ verweisen, die anhängt.
• Zur Förderung der Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie (FrWW= Förderrichtli-nie Wasserwirtschaft) sind zwar Mittel für Gewässerrenaturierung und Flächen-aufkauf an Gewässern I. Ordnung innerorts enthalten. MEPL III enthält jedoch keine direkte Förderung zur Reduktion von Nitrat/Phosphat- und Pestizideintrag durch die Landwirtschaft, wie vom europäischen Rechnungshofs gefordert. Konkret wären Maßnahmen wünschenswert, die zur verstärkten Anwendung von Hoftorbilanzen führen.
• Für die LEADER-Förderung, die derzeit nicht in ihren Umweltwirkungen abge-schätzt werden kann, geben wir Empfehlungen (s.u.)
Details und weitere Begründungen zu den Änderungsnotwendigkeiten aus LNV-Sicht
Zu Abschichtungsmöglichkeiten (Kap 6.2 des Umweltberichts)
Mit Ausnahme von sehr großen Stallbauten und Gewässerrenaturierungsprojekten fallen keine der geförderten Maßnahmen unter die vorgeschlagenen Abschichtungsmöglichkeiten einer UVP und unter die einer Natura-2000-Verträglichkeitsprüfung nur im Falle ihrer Lage in oder in unmittelbarer Nähe zu einem Natura 2000-Gebiet.
Weder Bauleitplanung noch Baugenehmigung noch die Eingriffsregelung verhindern naturschädliche Gebäude, Wegebauten oder land- und forstwirtschaftlichen Bewirtschaftungen. Sie legen bestenfalls Ausgleichsmaßnahmen fest, die die Eingriffsfolgen für die Natur aber höchstens mindern, nie jedoch aufheben. Für landwirtschaftliche Bewirtschaftung gilt die Eingriffsregelung nicht.
Zu Maßnahmen zur Überwachung (Kap. 8 des Umweltberichts)
Das System der programmbegleitenden Evaluation ist zwar hilfreich und sehr wich-tig, hat aber die Beibehaltung einiger fragwürdiger bis umweltschädlicher Fördertat-bestände nicht verhindert, die wir bereits in der letzten und vorletzten EU-Förderperiode kritisiert hatten (s.u. z.B. Flurneuordnung).
Das Monitoring nach der FFH-Richtlinie (Art. 11) und der Vogelschutz-RL (Art 12) ist auf die Berichtspflicht Deutschlands gegenüber der EU ausgerichtet und lässt keine Aussagen für Baden-Württemberg zu, zumal ein Monitoringkonzept nach der Vogelschutz-RL in Baden-Württemberg noch gar nicht existiert. Noch viel weniger lassen sich damit Auswirkungen der Förderung erfassen.
Das Monitoring der WRRL (Art 8) ist ebenfalls nicht auf die Wirkung finanzieller För-derung ausgerichtet. Im MEPLIII sind im Übrigen keine direkten Fördermaßnahmen zum Grund- und Oberflächenwasserschutz vor Pestizid- und Nährstoffeintrag enthalten.
Zur geplanten Förderung „Integrierte Ländlichen Entwicklung“ (ILE)
Der LNV verweist auf die Anlage „LNV-Kommentierung zur Beurteilung der Flurneu-ordnungsförderung (ILE, S. 112 des Umweltberichts)“ zu dieser Stellungnahme und erwartet die Korrektur aller irreführenden Aussagen zur vermeintlich positiven Wir-kung der Flurneuordnungsförderung in Umweltbericht und im MEPL III. Wir erwarten zudem eine Begutachtung der Förderung der Flurneuordnung nach ILE hinsichtlich ihrer Umweltwirkungen.
Zur geplanten Förderung Umweltzulage Wald (UZW)
Es werden entgegen der Darstellung im Umweltbericht keine FFH-Ziele gefördert, sondern es erfolgen offensichtlich weiterhin nur Entschädigungszahlungen für Waldbesitz in FFH-Gebieten, obwohl damit keine Einschränkungen der Waldbewirtschaftung oder andere Pflichten zu aktiven Maßnahmen verbunden sind. Für diese Entschädigungszahlungen sind 2,8 Mio. Euro Förderung vorgesehen. Die Förderung der Umsetzung des Alt- und Totholzkonzeptes („Erhalt und Pflege von Habitatbaumgruppen“ mit vorgesehenen 7,7 Mio. Euro Förderung) ist aus Artenschutzgründen positiv in der Auswirkung.
Wir geben jedoch zu bedenken, dass das AuT-Konzept eigentlich die konkrete Um-setzung bestehender naturschutzrechtlicher Regelungen bedeutet – so wird dies auch in der Broschüre zum AuT selbst dargestellt. Es ist gewissermaßen eine kom-pensatorische Hilfsmaßnahmen für streng geschützte Arten nach der FFH-Richtlinie, die gesetzlich vorgegeben ist. Andernfalls hätte der Waldbesitzer vor jeder Erntemaßnahme eine artenschutzrechtliche Prüfung, ob streng geschützte Arten und Höhlenbäume betroffen sind, durchzuführen.
Diese Maßnahme müsste nach dieser Interpretation eigentlich für jedermann ver-pflichtend sein, also auch im Gemeinde- und Privatwald
Zur geplanten Förderung Naturnahe Waldbewirtschaftung (NWW)
Der Titel der Förderrichtlinie ist irreführend, denn es wird lediglich mit sehr kleinen Anteilen „Waldnaturschutz“ gefördert (Anlage von Waldbiotopen mit lediglich 0,7 Mio. Euro + Landesmitteln von nochmals 0,7 Mio. Euro). Vielmehr wird unter der Förderrichtlinien-Bezeichnung „Naturnahe Waldbewirtschaftung“ Waldkalkung gefördert (mit 7 Mio. Euro! Plus weiteren 20,275 Mio. Euro GAK-Mittel) sowie Wegebau (mit 4,2 Mio. Euro plus 1,4 Mio. Euro aus GAK).
Der LNV bittet daher, die Bezeichnung der Förderrichtlinie in „Waldbewirtschaftung“ zu ändern, wenn die Fördertatbestände Kalkung und Wegebau beibehalten werden sollen.
Kritisch sehen wir die Waldkalkungen unter der Überschrift „naturnahe Waldbewirt-schaftung“ auch deshalb, weil es sich um eine Art Altlastensanierung handelt und Absichten zur Düngung des Waldes nicht ausgeschlossen sind. Bis heute ist die Wirkung von Waldkalkungen und damit verbundenen zunächst oberflächlichen pH-Wertverschiebungen auf die Biodiversität umstritten. Die bisherigen Hinweise der FVA zur Berücksichtigung von Arten- und Biotopschutz sind unzureichend (ausgenommen Auerhuhn). Es gibt Hinweise auf Verschiebung der Pilzgesellschaften und Verschwinden von Moosarten, was durch die plötzlichen und oberflächlichen pH-Wertverschiebungen nicht verwunderlich ist. Auch dringt die Kalkung bislang nicht in den B-Horizont vor, der das eigentliche Ziel der Kalkungsmaßnahme ist. Sie fördert vielmehr den Humusabbau.
Soll die Förderung beibehalten werden, bitten wir unter den Zuwendungsvorausset-zungen den Beleg einer Kalkungsnotwendigkeit auf Basis von Boden- und Blatt- bzw. Nadelanalyen zur Voraussetzung der Förderung zu machen.
Insbesondere lehnt der LNV eine 90-100%ige Förderung von Kalkungsmaßnahmen ab, wie sie von der GAK angeboten wird. Wir fordern daher mindestens eine Reduktion der Förderung auf 70 %, besser weniger.
Der LNV lehnt forstlichen Wegeaus- und –neubau ohne Vorlage einer Konzeption, wo überhaupt noch Wege fehlen, ab. Im Staatsforst ist das Wegenetz abgeschlossen. Wir gehen davon aus, dass dies auch für den Kommunalwald gilt. Mit den Wegebauabsichten im Privatwald will die Forstverwaltung Holzreserven erschließen, was aus naturschutzfachlicher Sicht dem Artenschutz zuwider läuft, da sich gerade im Privatwald noch alte Baumbestände befinden.
Die Förderung der „Grundinstandsetzung von Kunstbauten und Wasserableitungs-systemen“ lehnen wir ab. Sollte es sich dabei um Wasserableitung parallel der Wege handeln, so fällt dies unter die Unterhaltungspflicht von Wegen, die nicht förderfähig ist, ausgenommen nach Kalamitätsfällen.
Der LNV begrüßt zwar, dass die Erstaufforstungen nach dem MEPL III-Entwurf nicht mehr gefördert werden soll, kritisiert aber, dass dies nach wie vor in Höhe von 1,050 Mio. Euro allein aus GAK-Mitteln geschehen soll. Der LNV sieht die Förderung von Erstaufforstungen kritisch, weil sie häufig zulasten von naturschutzfachlich wertvollem Offenlandbiotopen geht. Wir schlagen nochmals die Einschränkung auf eine Kulisse mit Waldmangel vor, und dort auf Gebiete ohne Konflikte mit dem Arten- und Naturschutz. Die Förderung sollte vom Einvernehmen der unteren Naturschutzbehörde zur Aufforstungsgenehmigung abhängig gemacht werden.
Zur geplanten Förderung landwirtschaftlicher Beratung
Beratung in Richtung Natur- und Umweltschutz ist bislang nicht als Querschnittsberatung in die Module eingearbeitet. Daher muss weiterhin von einer Beratung in Richtung Intensivierung der landwirtschaftlichen Nutzung ausgegangen werden, die Hauptursache für den Verlust an Biologischer Vielfalt und Mitursache vieler Umweltschäden ist. Ausnahme ist die neu eingeführte Biodiversitätsberatung. Wir dürfen auf die LNV-Stellungnahme vom 23.06.2014 zum Entwurf „Beratung 2020“ verweisen, die anhängt.
Zur geplanten Förderung des Gewässerschutzes
FrWW= Förderrichtlinie Wasserwirtschaft
Es sind zwar Mittel für Gewässerrenaturierung und Flächenaufkauf an Gewässern I. Ordnung innerorts mit 24,5 Mio Euro (plus 3,5 Mio. Euro Landeszuschuss) enthalten, die auch der Umsetzung der EU-WRRL und EU Hochwasserrahmenrichtlinie dienen sollen.
MEPL III enthält jedoch keine direkte Förderung zur Reduktion von Nitrat/Phosphat- und Pestizideintrag durch die Landwirtschaft als dringend notwendige Umsetzung der WRRL im chemischen Bereich. Dies ist auch vor dem Hintergrund der aktuellen Kritik des europäischen Rechnungshofs nicht nachvollziehbar, der eine Verwendung der ELER-Mittel für die Umsetzung der WRRL empfiehlt. Der LNV erwartet, dass jegliche Förderung der Intensivierung in der Landwirtschaft einschließlich Tierhaltung unterbleibt und die frei werdenden Fördergelder für die Reduktion von Pestizid- und Düngemitteleinsatz auch zum Gewässerschutz eingesetzt werden.
Zur geplanten Förderung von LEADER
Für die LEADER-Förderung, die derzeit nicht in ihren Umweltwirkungen abgeschätzt werden kann, empfehlen wir dringend die Pflicht, dass die Lokalen Aktionsgruppen die Umweltauswirkungen ihrer Projekte selbst beurteilen und dazu einen Umweltbeauftragten benennen müssen.
Als Hilfestellung empfiehlt es sich, den Lokalen Aktionsgruppen die Fragebögen zu Fördermaßnahmen, wie sie vom Umweltbeauftragten Baden-Württemberg zum RWB-EFRE-Programm 2007-2014 ausgearbeitet wurden, zur Anwendung zu über-senden.
Wir bitten um Berücksichtigung unserer Hinweise und um Zusendung des geänderten Umweltberichts, wobei es hilfreich wäre, wenn die Änderungen sichtbar wären oder eine Übersicht beigefügt werden könnte, an welchen Stellen Änderungen vorgenommen wurden.
MEPL III
Entwurfsfassung