Foto: https://db-engineering-consulting.com/de/news/vorplanung-fur-den-pfaffensteigtunnel/

Pfaffensteigtunnel – Flughafenanbindung Gäubahn

Stellungnahme zum Scoping-Verfahren für die „Schnellbahntrasse Stuttgart – Singen – Grenze Schweiz,
Abschnitt Nord“ – Pfaffensteigtunnel; Anbindung der Gäubahn (Planfeststellungsabschnitt 1.3)
Hier: Forderungen zum Untersuchungsrahmen

Gemeinsame Stellungnahme der LNV-Arbeitskreise Stuttgart, Böblingen und Esslingen mit den darin organisierten
Naturschutzverbänden, sowie der BUND-Landesverband Baden-Württemberg und der BUND-Regionalverband Stuttgart. Der NABU-Landesverband hat sich dieser Stellungnahme angeschlossen.

die Stellungnahme zum download

Zusammenfassung

LNV/BUND fordern, dass das Schutzgut „Klima“ (Bundesgesetzblatt 2021/59) untersucht wird. Der Gesetzgeber möchte eindeutig, dass vorhaben- bzw. planungsbedingte Auswirkungen auf den Klimawandel untersucht werden müssen, im Gegensatz zu früher, wo nur die Auswirkungen auf das lokale Klima untersucht wurden.

Die Auswirkungen des Projekts auf die Treibhausgasbilanz müssen anhand von drei Kriterien ermittelt werden:

1. Verlust von Biotop- und Bodentypen, die CO2 binden können
2. Treibhausgasemissionen durch den Bau
3. Betriebsbedingte Treibhausgasemissionen

Alle genannten Kriterien müssen bei der Gesamtbewertung für das Schutzgut Klima im Rahmen der Umweltverträglichkeitsstudie ermittelt werden.

Bundes-Klimaschutzgesetz

Das Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) sowie das Bundes-Klimaschutzgesetz (Bundes-KSG) und das Bundesbodenschutzgesetz müssen vollumfänglich beachtet werden. Dies scheint bisher nicht der Fall zu sein. Das Bundes-KSG schreibt vor, dass bei derartigen Planungen belegt werden muss, wie das Projekt zu den Zielen des Bundes-KSG, also zur Reduzierung der Treibhausgas (THG)-Emissionen beiträgt.

Bundes-Klimaschutzgesetz (KSG), § 13 Berücksichtigungsgebot
(1) “Die Träger öffentlicher Aufgaben haben bei ihren Planungen und Entscheidungen den Zweck dieses Gesetzes und die zu seiner Erfüllung festgelegten Ziele zu berücksichtigen. Die Kompetenzen der Länder, Gemeinden und Gemeindeverbände, das Berücksichtigungsgebot innerhalb ihrer jeweiligen Verantwortungsbereiche auszugestalten, bleiben unberührt. …”

(2) “Der Bund prüft bei der Planung, Auswahl und Durchführung von Investitionen und bei der Beschaffung, wie damit jeweils zum Erreichen der nationalen Klimaschutzziele nach § 3 beigetragen werden kann. Kommen mehrere Realisierungsmöglichkeiten in Frage, dann ist in Abwägung mit anderen relevanten Kriterien mit Bezug zum Ziel der jeweiligen Maßnahme solchen der Vorzug zu geben, mit denen das Ziel der Minderung von Treibhausgasemissionen über den gesamten Lebenszyklus der Maßnahme zu den geringsten Kosten erreicht werden kann. …”

Gemäß § 13 Abs. 1 und 2 des Bundes-Klimaschutzgesetzes müssen die Belange des Klimaschutzes bei Entscheidungen in die Abwägung eingestellt werden. Es muss dargelegt werden, wie das Projekt zur Verringerung der Treibhausgas (THG)-Emissionen beiträgt. In den Scopingunterlagen finden sich hierzu keine Aussagen.

Zunahme der Treibhausgasemissionen durch das Projekt

1. Verlust von Biotop- und Bodentypen, die CO2 binden können

Der Verlust von Biotop- und Bodentypen, die CO2 binden können, ist zu ermitteln und die Auswirkungen auf die Klimabilanz darzustellen. Wir weisen darauf hin, dass auch ein bergmännischer Tunnelbau sehr große Auswirkungen auf die darüber liegenden Böden hat, u. a. durch eine gestörte Wasserhaltekapazität, Versickerung und unterirdische Wasserleitung. So ist der Schnellbahntrassen-Tunnel Stuttgart – Vaihingen/Enz auch nach 40 Jahren immer noch auf Luftbildern oberirdisch erkennbar, so schwer geschädigt wurde der Boden.

2. Treibhausgasemissionen durch den Bau
Eine erste Berechnung hat ergeben, dass es durch den Bau und die Herstellung der Baumaterialien zu CO2-Emissionen von ca. 600.000 Tonnen kommen wird. Diese THG-Emissionen müssen in den Antragsunterlagen nachvollziehbar dargelegt werden. Es ist auch nicht ausreichend, nur die nicht ohne weiteres nachvollziehbaren Lebenszyklusemissionen anzugeben, sondern es müssen die THG-Emissionen für die Anlagenteile nach Methodenhandbuch zum Bundesverkehrswegeplan (BVWP) 2030, Seite 53, angegeben werden:

  • Bahnkörper
  • Stützmauern
  • Tunnel
  • Kreuzungsbauwerke/Brücken
  • Schallschutz
  • Oberbau/Gleise/Weichen
  • Bauliche Anlagen
  • Signalanlagen
  • Kommunikation
  • Bahnstromversorgung/Unterwerke
  • Fahrleitungen

3. Betriebsbedingte Treibhausgasemissionen
Durch die im Projektdossier Planfall 040b dargestellte Zunahme des Schienenverkehrs, Stand: 08.03.2021, deren Richtigkeit hier nicht hinterfragt wird, erhöhen sich die THG-Emissionen. Diese Zunahme der THG-Emissionen muss dargelegt werden.
Im Projektdossier steht, es würde zu einer Verkehrsverlagerung von der Straße auf die Schiene kommen. Bekanntlich tritt dieser Effekt nur ein, wenn parallel verlaufende Straßen entschleunigt werden. Es ist nicht bekannt, dass dies geplant ist. Vielmehr ist eine Verbeiterung der A81 von Böblingen bis Sindelfingen-Ost im Bau und eine Verbreiterung der A81 von Sindelfingen-Ost bis zum Autobahnkreuz Stuttgart in der Planung. Wir bitten deshalb um fundierte, nachvollziehbare Belege, wieso es trotzdem zu einer Verlagerung vom Straßenverkehr auf den Schienenverkehr kommen soll und wenn ja, in welcher Höhe.

Schlussfolgerung
Tatsächlich trägt das Projekt nicht zur Reduzierung der THG-Emissionen bei, sondern führt zu höheren THG-Emissionen. Bei korrekter Anwendung der o.g. Gesetze kann der Pfaffensteigtunnel nicht realisiert werden.
Die Bahn sollte sich im Wesentlichen darauf beschränken, das Bestandsnetz zu erhalten, zu elektrifizieren und erforderlichenfalls auszubauen und darauf einen zuverlässigen Betrieb sicher zu stellen (Trassenerhalt samt oberirdischer Anbindung). Die Möglichkeit, weiterhin oberirdisch in den Stuttgarter Hauptbahnhof mit zumindest zwei Gleisen einfahren zu können, ist allein deshalb erforderlich, um den S-Bahn-Verkehr aufrecht erhalten zu können, sollte der S-Bahntunnel Hbf – Schwabstraße aus unvorhergesehenen Gründen nicht befahrbar sein.

Als Mindestmaßnahme zur Verringerung einer Zunahme der THG-Emissionen durch Verkehrsverlagerung von Straße auf Schiene müsste die A81 zwischen Gärtringen und Böblingen von 6 auf 4 Fahrstreifen zurückgebaut werden und auf den Abschnitten, auf denen es noch kein Tempolimit gibt, Tempo 120 oder weniger eingeführt werden.

Bundesnaturschutzgesetz

Nach § 13 BNatSchG müssen erhebliche Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft in erster Linie vermieden werden, unvermeidliche müssen minimiert werden.
Bereits im Scoping-Verfahren ist darzulegen, wie diese Vorgabe beachtet wird.

Sonstiges

Wir halten die Durchführung eines Scoping-Termins für erforderlich.