LNV-Info 1/2011
LNV-Bilanz über die Mitwirkung
Der LNV beteiligte sich von Anfang an an der Nachhaltigkeitsstrategie des Landes. Zahlreiche Vertreter des LNV arbeiteten in den Projektgruppen mit. Der Vorsitzende Reiner Ehret ist Mitglied der Strategischen Koordinierungsgruppe, sein Stellvertreter Gerhard Bronner seit 2009 ebenso. In den Jahren 2008 bis 2011 übernahm Gerhard Bronner für den LNV die Koordination der Beteiligung an der Nachhaltigkeitsstrategie und war selbst in zahlreichen Projektgruppen aktiv.
Grundsätze und Struktur der Nachhaltigkeitsstrategie
Ziel der Nachhaltigkeitsstrategie ist es, das Land im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung voranzubringen. Damit sollen Defizite in verschiedenen Gebieten – darunter auch dem Umweltschutz – aufgearbeitet werden. Beispielsweise ist es bisher nicht gelungen, alle Ziele des Umweltplanes umzusetzen bzw. dort überhaupt ausreichend konkrete Ziele und Maßnahmen zu verankern.
Die Nachhaltigkeitsstrategie umfasst zwei Teile. Zum einen sollen – basierend auf bestehenden Gesetzen, Plänen und Vorgaben – thematische Ziele zusammengestellt werden, die erreicht werden müssen, um Baden-Württemberg als „nachhaltig“ bezeichnen zu können. Dieser Arbeitsschritt ist abgeschlossen. Insbesondere vom BUND wird bemängelt, dass diese Ziele nicht weitgehend genug und zudem nicht stringent mit nötigen Maßnahmen unterlegt sind, die in die Landespolitik integriert würden.
Der zweite und in der Praxis dominierende Teil der Nachhaltigkeitsstrategie sind einzelne Projekte, die zu
eng umgrenzten Themen konkrete Schritte zu mehr Nachhaltigkeit umsetzen sollen. Projekte können von allen an der Nachhaltigkeitsstrategie beteiligten Gruppen vorgeschlagen werden, müssen aber bei einem Ministerium angesiedelt sein. Sofern Kosten für die Umsetzung der Projekte anfallen, sind diese hälftig aus
den Mitteln der Nachhaltigkeitsstrategie und hälftig vom betreffenden Ressort zu tragen.
Bedingung für Projekte im Rahmen der Nachhaltigkeitsstrategie sind:
– Das Thema ist von herausragender Bedeutung für die Zukunft des Landes.
– Es bestehen Handlungsmöglichkeiten auf Landesebene.
– Es handelt sich um ein Querschnittsthema: tangiert sind ökologische, ökonomische und gesellschaftliche Belange.
– Eine ressortübergreifende Bearbeitung ist nötig.
– Das Thema ist für die Bürger/innen relevant und kann in einem partizipativen Prozess zielorientiert behandelt werden.
– Das Thema ist tendenziell konsensfähig.
– Das Thema geht über gesetzliche Verpflichtungen und bereits vom Landtag definierte Aufträge hinaus.
– Das Thema ist aktionsbezogen bzw. umsetzungsorientiert und es können innerhalb eines Zeitraums von 12 bis 18 Monaten konkrete Ergebnisse herausgearbeitet werden.
Der Ablauf eines Projektes stellt sich typischerweise wie folgt dar:
– Eine an der Nachhaltigkeitsstrategie beteiligte Organisation entwickelt eine Projektidee und stellt einen Projektantrag. Idealerweise stimmt sie ihn bereits mit dem zuständigen Ressort ab.
– Dieser Antrag wird in die Strategische Koordinierungsgruppe eingebracht und diskutiert. Dabei wird auch geprüft, inwieweit er die Kriterien der Nachhaltigkeitsstrategie erfüllt und es werden
gegebenenfalls Hinweise zur Überarbeitung gegeben.
– Bei der im Frühjahr tagenden Nachhaltigkeitskonferenz wird über den Projektantrag entschieden. Er wird angenommen oder abgelehnt.
– Im Fall der Annahme werden zu einer konstituierenden Sitzung alle beim betreffenden Thema relevanten Interessensgruppen und Behörden eingeladen. Bei dieser Sitzung werden ein Vorsitzender (ein Vertreter des federführenden Ministeriums) sowie ein Ko-Vorsitzender (in der Regel von der vorschlagenden Organisation) gewählt.
– Eventuell werden verschiedene Arbeitsgruppen gebildet, die einzelne Themen bearbeiten.
– Nun haben die Beteiligten 18 Monate Zeit, um das Projekt abzuschließen. Es soll in möglichst weitgehendem Konsens ein Abschlussdokument mit Forderungen und Vorschlägen erarbeitet
werden.
Ergebnisse eines Projektes können neben dem Abschlussbericht sein:
– Veröffentlichungen
– Forderungen und Vorschläge an die Politik
– Vorschläge für Umsetzungsprojekte, die im Rahmen der Nachhaltigkeitsstrategie finanziert werden sollen.
Über die Umsetzungsprojekte wird wiederum in der Strategischen Koordinierungsgruppe und danach in der Nachhaltigkeitskonferenz entschieden.
Im Fall einer positiven Entscheidung werden die Projekte unter Federführung des zuständigen Ressorts umgesetzt.
Beurteilung Nachhaltigkeitsstrategie und Beteiligung des LNV
Die Beteiligung des LNV an der Nachhaltigkeitsstrategie erfordert einen großen zeitlichen und personellen Einsatz. Wie viel dabei herauskommt, war und ist unsicher. Von daher war die Beteiligung nicht unumstritten. Die Einschätzungen reichten von „große Chance für den Natur und Umweltschutz“ bis hin zu „Beschäftigungstherapie“ und „Feigenblatt“. Im Gegensatz zum BUND hat sich der LNV zur Teilnahme entschlossen.
Nach über drei Jahren Arbeit und aktiver Beteiligung in 13 Projekten lässt sich folgendes festhalten:
Der Output der Projekte ist von unterschiedlicher Qualität.
Der LNV hatte einen angemessenen Einfluss darauf, welche Projekte bearbeitet werden. Eine ganze Reihe vom LNV vorgeschlagener und vom LNV für sinnvoll gehaltener Projekte wurden in die Strategie
aufgenommen. Die Auswahl erfolgte nach unserer Einschätzung überwiegend sachgerecht und mit hohem Sachverstand.
Neben der thematischen Relevanz wurden bei der Auswahl auch strategische Überlegungen berücksichtigt wie die Einbindung möglichst aller relevanter gesellschaftlicher Gruppen und aller Ressorts.
Es ist festzustellen, dass Themen, die über die Nachhaltigkeitsstrategie in die öffentliche Diskussion
eingebracht werden, eine höhere Aufmerksamkeit im politischen Raum erfahren.
Im Rahmen der Diskussionen in den Projekten ergaben sich Kontakte zu anderen Interessensgruppen bis hin zu Kooperationen, die von erheblicher strategischer Bedeutung sind (z.B. kommunale
Spitzenverbände).
Die Ergebnisse der Projekte sind sehr unterschiedlich. Manche haben sehr konkrete und wirksame Ergebnisse gebracht (kommunaler Klimaschutz), manche ergaben konstruktive Diskussionen mit
unsicheren Folgen (nachhaltige Biogasnutzung), manche hatten nur Ergebnisse mit bescheidener Reichweite (Nachhaltigkeit im staatlichen Hochbau, Abfall als Ressource). Einige könnten sich zu echten Impulsprojekten entwickeln (Nachhaltigkeit im staatlich geförderten Hochbau, Wiesen und Weiden). Eine Beurteilung, wie viel die Projekte tatsächlich in der Praxis bewegen können, ist nur mittelfristig möglich.
Die Resonanz der Medien auf die Nachhaltigkeitsstrategie ist bisher bescheiden. Dies wird auch vom Umweltministerium als Manko erkannt.
Insgesamt schätzen die Hauptbeteiligten des LNV die Teilnahme an der Nachhaltigkeitsstrategie als positiv ein und plädieren für eine Fortführung. Die jetzige Nachhaltigkeitsstrategie und ihre Finanzierung läuft Mitte 2011 aus. Ob und wie sie weitergeführt wird, wird sich nach der Regierungsbildung zeigen. Seitens der
vorigen Regierung und vor allem seitens des UVM bestand die Absicht der Weiterführung, aber auch struktureller Änderungen. Der LNV ist in diese Diskussionen einbezogen.
Als Ideen zur Fortführung wurden vom LNV gegenüber dem koordinierenden Institut für Organisations-Kommunikation genannt:
Ergänzung (oder Ersatz?) des zentralen Indikators Bruttosozialprodukt durch den neuen Wohlfahrtsindex
(NWI) und eventuell einen weiteren, nicht-materiellen Indikator (z.B. happy planet index).
Weiterführung der projektbezogenen Strategie, aber mit strengerer Priorisierung der Projekte.
Stringentes Monitoring und Quantifizierung der Ziele des Umweltplanes.
Aufwertung des Nachhaltigkeitsbeirates.
Eine konkrete Ergänzung, die in die richtige Richtung geht, wurde bereits umgesetzt: Gesetze und Verordnungen des Landes müssen künftig einen Nachhaltigkeitscheck durchlaufen. Dies ist eine sinnvolle und nötige Ergänzung der bisher nur projektbezogenen Struktur der Strategie. Ob der Nachhaltigkeitscheck ohne vorgegebenes Bewertungsraster und bei Bearbeitung durch das federführende Ressort etwas verändert oder ein Papiertiger bleibt, wird man sehen.
Das vollständige LNV-Info finden Sie hier: