LNV-Stellungnahme zum Gesetzentwurf zur Novellierung der Landesbauordnung
an das Wirschaftsministerium
Sehr geehrter Herr Minister,
sehr geehrte Damen und Herren,
der LNV dankt für die Zusendung der Unterlagen zur Novellierung der Landesbauordnung (LBO) und die damit verbundene Möglichkeit zur Stellungnahme.
Diese LNV-Stellungnahme erfolgt zugleich auch im Namen der weiteren nach §67 NatSchG BW anerkannten Naturschutzverbände AG Die NaturFreunde, Landesfischereiverband, Landesjagdverband, NABU, Schutzgemeinschaft Deutscher Wald, Schwäbischer Albverein und Schwarzwaldverein.
Der LNV hat sich bei der Prüfung des Entwurfs der LBO darauf konzentriert, ob die vorgesehenen Änderungen – oder die nicht geänderten Teile der LBO – Einfluss auf den Flächenverbrauch haben oder die Innenentwicklung erschweren. Außerdem haben wir geprüft, ob und wo die vorgesehenen – oder gegebenenfalls zusätzlichen – Änderungen die qualifizierte Innenentwicklung erleichtern können.
Zusammenfassung
Die LBO als Baurecht hat über den § 37 „Stellplätze und Garagen“ direkt, ansonsten nur indirekt Einfluss auf die Flächeninanspruchnahme. Einige der vorgesehenen Änderungen in der LBO können dazu beitragen, die Akzeptanz der Innenentwicklung zu erleichtern.
Die Begrenzung der Flächeninanspruchnahme ist maßgeblich durch das Planungsrecht, insbesondere durch eine Novellierung der Festlegungen in der Baunutzungsverordnung zu erreichen. Hier steht immer noch die Festlegung relativ niedriger zulässiger Dichten für die einzelnen Nutzungsarten im Widerspruch zu der Festlegung im BauGB, dass mit Grund und Boden sparsam umzugehen ist.
Der LNV bittet das Wirtschaftsministerium daher um eine Initiative auf Bundesebene zur Änderung der Baunutzungsverordnung mit dem Ziel, höhere Nutzungsdichten zuzulassen, weil die derzeitige Regelung dem Flächenspargebot der zugrundeliegenden Gesetze widerspricht.
Der LNV hält außerdem eine grundsätzliche Änderung des § 37 „Stellplätze und Garagen“ für unabdingbar. Der § 37 privilegiert in seinem derzeitigen Wortlaut klar den motorisierten Menschen vor dem Menschen als Fußgänger , Radfahrer oder Nutzer des öffentlichen Verkehrs (ÖV). Der § 37 „Stellplätze und Garagen“ stellt mit seiner derzeitigen Verpflichtung, die Gefahren des motorisierten Verkehrs für Gesundheit, Unversehrtheit und den Bewegungs- und Spieldrang von Kindern bis in den Wohnbereich der Menschen hinein zu ziehen, einen Verstoß gegen das Recht auf körperliche Unversehrtheit (Art 2 Abs. 2 GG) dar. Er steht den Zielen des „Kinderlands Baden-Württemberg“ diametral entgegen und ist mit verantwortlich für enormen Flächenverbrauch und innerstädtische Verkehrsprobleme. Er widerspricht auch dem Passus im BauGB §1 Abs. 6 Nr.9, nach dem bei der Aufstellung der Bauleitpläne bei dem Belang der Mobilität der Bevölkerung eine „auf Vermeidung und Verringerung von Verkehr ausgerichtete städtebauliche Entwicklung“ besonders zu berücksichtigen ist.
Sollte hierzu eine vorherige Änderung von § 12 Baunutzungsverordnung („Stellplätze und Garagen“) notwendig sein, bittet der LNV auch hier um eine Initiative des Wirtschaftsministeriums auf Bundesebene.
Unsere genaueren Ausführungen entnehmen Sie bitte der ausführlichen Stellungnahme im Anhang.
Mit freundlichen Grüßen
Reiner Ehret
– Vorsitzender –
LNV-Stellungnahme
vom 12.12.2008
zur Novellierung der Landesbauordnung (Stand 23.09.2008)
Inhaltsverzeichnis
Allgemeines: 3
A. Vermeidung von Flächenverbrauch: 3
B. Erleichterung bzw. Erschwerung der Innenentwicklung: 6
C. Zulässigkeit von örtlichen Bauvorschriften 7
D. Sonstige Anmerkungen 8
Allgemeines:
Die Ziele der beabsichtigten Novellierung liegen bei verfahrensmäßigen Erleichterungen für den Bauherrn (damit verbunden bei billigerem Bauen), Wahrung des Sicherheitsniveaus – insbesondere der Gefahrenabwehr – Berücksichtigung neuer Erkenntnisse der Bautechnik, Einführung eines modernen Brandschutzkonzepts und Annäherung an die unverbindliche Musterbauordnung (2002 von Bund-Länder-Fachgremien erstellt).
A. Vermeidung von Flächenverbrauch:
Bauliche und sonstige Nutzungen in der Fläche werden in den Bauleitplänen geregelt. Das Baurecht hat hier Einfluss insoweit, als (a) Vorhaben in den Anwendungsbereich der LBO einbezogen bzw. aus diesem ausgeklammert werden, als (b) Vorhaben verfahrensfrei gestellt werden oder (c) über die Festlegungen, die sich in § 37 „Stellplätze und Garagen“ finden.
Zu (a)
Nach dem Entwurf sollen künftig zu den baulichen Anlagen (für die die LBO anzuwenden ist) auch Wochenendplätze, Sport- und Spielflächen, Freizeit- und Vergnügungsparks neu hinzu gerechnet werden. Dies ist fachlich sinnvoll, hat jedoch an sich zunächst weder einen positiven noch negativen Einfluss auf den Flächenverbrauch.
Zu (b)
Die Landesbauordnung enthält eine Liste der Vorhaben, die verfahrensfrei gestellt werden. Für diese Vorhaben muss kein Bauantrag gestellt werden. Es besteht die Gefahr, dass ungeregelt Eingriffe in den Außenbereich erfolgen. Folgende verfahrensfreie Vorhaben erscheinen unter dem Aspekt des Landschaftsverbrauchs problematisch:
– landwirtschaftliche Gewächshäuser bis 5 m Höhe im Außenbereich (ohne Flächenbeschränkung; Anhang zu § 50 Abs. 1, Nr.1d)
– Abstell- und Lagerplätze für Autowracks (Abfallentsorgungsanlagen, Anhang zu § 50 Abs.1, Nr. 4e)
– Garagen und überdachte Stellplätze bis 3 m Höhe und 30 m² Grundfläche im Innenbereich (Anhang zu § 50 Abs. 1, Nr. 1b)
– Stellplätze bis 50 m² Nutzfläche je Gründstück im Innenbereich (Anhang zu § 50 Abs. 1, Nr. 11b)
Der LNV lehnt eine Verfahrensfreistellung für diese Vorhaben aus Gründen des unnötigen Flächenverbrauchs, der Altlastengefahr, des Schutzes von spielenden Kindern oder der ungerechtfertigten Privilegierung des motorisierten Menschen vor dem Fußgänger und Radfahrer ab und bittet um Änderung des jetzigen LBO-Entwurfs. Weitere Gründe siehe unten (A.c).
zu (c)
§ 37 „Stellplätze und Garagen“ der LBO soll offenbar unverändert beibehalten werden. Darin wird vorgeschrieben, dass zu jeder Wohnung mindestens ein Stellplatz oder eine Garage und für sonstige Gebäude eine ausreichende Anzahl von Stellplätzen oder Garagen herzustellen sind. Stellplatzflächen für PKWs nehmen damit einen maßgeblichen Anteil der innerörtlichen Flächen ein, die zum erheblichen Teil nicht notwendig wären, würde zumindest die freie Wahl der Verkehrsmittel innerörtlich gesichert. Dafür aber dürften Stellplätze nicht näher am Zielort (Wohnung, Arbeitsplatz, usw.) liegen als die nächste Haltestelle des ÖPNV. Die LBO fördert also nach wie vor aktiv die Motorisierung und trägt damit entscheidend zu Gesundheitsgefahren, zum Flächenverbrauch, zur Klimaerwärmung u.a. Umweltschäden bei.
Der LNV fordert eine grundsätzliche Änderung des § 37 LBO. Dies begründen wir wie folgt genauer:
Notwendige Trennung von Funktion und Parkplatz
Untersuchungen zeigen, dass bereits für die Auswahl der motorisierten Verkehrsmittel durch die Bewohner, d.h. zwischen öffentlichem Verkehr und motorisiertem Individualverkehr, die Länge des Fußweges zum Parkplatz bzw. zur Haltestelle von wesentlicher Bedeutung ist.
Bedingt durch die Stellplatzverordnung, die auf der Reichsgaragenordnung beruht („Die Förderung der Motorisierung ist das vom Führer und. Reichskanzler gewiesene Ziel“), sind alle Funktionen mit Parkplätzen verbunden. Wohnungen, Arbeitsstätten, Schulen, Kirchen, Krankenhäuser, Theater und selbst Wirtshäuser dürfen i.d.R. nicht errichtet werden, ohne eine bestimmte Anzahl Parkplätze in nächster Nähe vorzusehen. Eine entsprechende Vorschrift für die Versorgung mit öffentlichem Verkehr aber gibt es nicht, weshalb die nächste Haltestelle meist deutlich weiter entfernt ist als der nächste Parkplatz. Dadurch ist das Auto i.d.R. sehr viel einfacher zu erreichen als der öffentliche Verkehr. Dies verhindert die freie Wahl der Verkehrsmittel, weil der öffentliche Verkehr schon von Anfang an die unbequemere Alternative ist. Das Auto wird somit bevorzugt als Verkehrsmittel gewählt.
Um zumindest eine freie und gleichberechtigte Auswahl der motorisierten Verkehrsmittel zu erreichen, ist ein gleicher Abstand zur nächsten Haltestelle wie auch zu den nächsten Parkplätzen unabdingbar.
Da systembedingt die Haltestellendichte des öffentlichen Verkehrs nicht beliebig gesteigert werden kann, muss bei den – im Übrigen meist hoch subventionierten – Parkplätzen angesetzt werden. Entfernt man beispielsweise die Parkplätze des motorisierten Individualverkehrs aus den Baugrundstücken und Wohnstraßen und verlagert sie an deren Rand, sorgt man nicht nur für eine bessere Chancengleichheit bei der Wahl der Verkehrsmittel, sondern erhöht auch die Wohn- und Umweltqualität sowie die Sicherheit für die dort lebenden Menschen ganz erheblich.
Als Forderung für die LBO ergibt sich daraus:
– Die Stellplatzverordnung (§ 12 LBO) ist so zu ändern, dass Parkplätze nicht näher als die nächstgelegene Haltestelle mit ausreichender Versorgung durch öffentlichen Verkehr sein dürfen.
– Die Dichte des Haltestellennetzes ist wieder zu erhöhen.
– Jede Stadt/Gemeinde ist verpflichtet, Wohnreviere anzubieten, bei denen Stellplätze bzw. Garagen (mit Ausnahme von Behindertenstellplätzen) ausschließlich am Rand des Gebietes angeordnet werden.
Der LNV schlägt daher in grundsätzlicher Abänderung des bisherigen § 37 „Stellplätze und Garagen“ folgende Formulierung vor:
„Wer Wohn- oder Betriebsstätten baut, hat sicher zu stellen, dass diese vom Fußgänger, Radfahrer und öffentlichen Verkehr leicht und gefahrlos zu erreichen sind. Dies gilt insbesondere auch mit Rücksicht auf Kinder. Parkplätze sind daher außerhalb dieser Zonen anzulegen.“
Der LNV erwartet, dass sich die Zahl der Stellplätze dadurch erheblich reduziert und Flächen für Spielplätze, Parks oder auch verdichtetes Bauen frei gibt.
Im Übrigen widerspricht die bisherige Stellplatzregelung dem Ziel der Landesregierung, aus Baden-Württemberg ein Kinderland machen zu wollen. Vielmehr sind nahezu alle Rechtsvorgaben darauf ausgerichtet, dem motorisierten Menschen deutlichen Vorrang vor dem Kind einzuräumen. Dafür sprechen z. B:
• der Umfang an ebenerdigen Stellflächen und Garagen: Sie stellen praktisch „Bungalows“ für PKWs in bester Innenstadtlage dar. Auf die Muss-Bestimmung in § 37 Abs. 1 (Stellplätze) im Vergleich zur lediglich Soll-Bestimmung § 3 Abs. 4 (Belange von kleinen Kindern, behinderten und alten Menschen) sei hingewiesen.
• der Vorrang des Straßenverkehrs vor Fußgängern und Radfahrern selbst auf dem Weg in den Kindergarten und die Schule: Dies dürfte ein Grund sein, weshalb Eltern ihre Sprösslinge am liebsten angeschnallt auf dem Rücksitz des PKW dorthin transportieren.
• eingezäunte Spielplätze, um den PKWs ein gefahrloses Durchqueren von Wohngebieten zu ermöglichen: Auf den Widerspruch in den Gesetzen zwischen rechtlicher Sicherung von Kinder- und Gesundheitsschutz einerseits (§ 1 Abs. 6 Nr. 9 BauGB ) und der rechtlichen Pflicht zur Bereitstellung von Stellplätzen, Garagen und Zufahrten andererseits (§ 37 LBO) sei hingewiesen. Der Widerspruch wird kurzerhand per Gesetz für nicht existent erklärt ( § 37 Abs. 7 LO):
„Stellplätze und Garagen müssen so angeordnet und hergestellt werden, dass die Anlage von Kinderspielplätzen nach § 9 Abs. 2 nicht gehindert wird. Die Nutzung der Stellplätze und Garagen darf die Gesundheit nicht schädigen; sie darf auch das Spie-len auf Kinderspielplätzen, das Wohnen und das Arbeiten, die Ruhe und die Erholung in der Umgebung durch Lärm, Abgase oder Gerüche nicht erheblich stören.“
B. Erleichterung bzw. Erschwerung der Innenentwicklung:
In § 5 Abs.7 sollen die vorgeschriebenen Abstandsflächen, die vor Gebäudewänden von oberirdischen baulichen Anlagen freizuhalten sind (sofern nicht an die Grenze zum Nachbarn gebaut wird) allgemein auf die Hälfte des bisherigen Maßes reduziert werden. Dies ist vor allem für dichtes Bauen im Innenbereich von Interesse.
In § 8 wird klargestellt, dass es sich bei den Spielplätzen, die bei Gebäuden mit mehr als zwei Wohnungen herzustellen sind, um Spielplätze für Kleinkinder handelt. Spielmöglichkeiten für größere Kinder sind damit eindeutig keine private Aufgabe.
§ 14 soll wie folgt neu gefasst werden:
(1) Geräusche, Erschütterungen oder Schwingungen, die von ortsfesten Einrichtungen in einer baulichen Anlage ausgehen, sind so zu dämmen, dass Gefahren sowie erhebliche Nachteile oder Belästigungen nicht entstehen. Gebäude müssen einen ihrer Nutzung entsprechenden Schallschutz haben.
(2) Bauliche Anlagen müssen so angeordnet, beschaffen und gebrauchstauglich sein, dass durch Wasser, Feuchtigkeit, pflanzliche und tierische Schädlinge sowie andere chemische, physikalische oder biologische Einflüsse Gefahren oder unzumutbare Belästigungen nicht entstehen.
Diese Neufassung ist für kleinräumige Nutzungsmischung (und damit für flächensparendes Bauen) von Bedeutung. Die Tendenz ist nicht mehr, Störungen durch Funktionstrennung zu vermeiden, sondern sie durch technisch Vorkehrungen zu beherrschen.
Möglichkeiten der Erleichterungen der Innenentwicklung würden sich auch aus einer grundsätzlichen Änderung des § 37 Stellplätze und Garagen ergeben. Hier gilt das bereits unter A.c) Gesagte.
In der Neufassung des § 55 soll festgelegt werden, dass die Gemeinde bei Bauvorhaben nicht nur – wie bisher – die Angrenzer zu benachrichtigen hat, sondern künftig auch sonstige Eigentümer benachbarter Grundstücke (fakultativ) benachrichtigen kann, deren öffentlich-rechtlich geschützte nachbarliche Belange berührt sein können.
Dies ist eine Änderung, die für Bebauungen mit höherer Dichte von besonderer Bedeutung ist. Hier sind oft Nachbarn, deren Grundstücke nicht an das Grundstück es Vorhabens angrenzen, in gleicher Weise betroffen wie die Angrenzer.
C. Zulässigkeit von örtlichen Bauvorschriften
§ 74 der Landesbauordnung regelt die Zulässigkeit von örtlichen Bauvorschriften, die die Gemeinden im Rahmen von Bebauungsplänen oder als gesonderte Satzungen erlassen können; hier werden die Gegenstände festgelegt, die geregelt werden dürfen: Gestaltung (Abs. 1), Stellplatzverpflichtung (Abs. 2), Vermeidung überschüssigen Bodenaushubs und Anlagen zur Behandlung von Niederschlagswasser (Abs. 3), Anlegen von Kinderspielplätzen (Abs. 4).
Vorgesehene Änderungen:
In Abs.1: (a) Bei den Vorschriften über die Gestaltung baulicher Anlagen sollen künftig auch Festlegungen über die Begrünung zulässig sein. (b) Bei den Anforderungen an die unbebauten Flächen der bebauten Grundstücke sollen künftig neben Vorschriften über die Gestaltung und Nutzung auch solche über die Bepflanzung zulässig sein. (c) Die Gemeinden sollen künftig festlegen können, dass vor Außenwänden größere oder geringere Abstandsflächen als nach § 5 Abs.7 vorgeschrieben zugelassen sind.
In Abs.2 sind keine Änderungen geplant: Die Gemeinden können durch Satzung – wie bisher – die Stellplatzverpflichtung auf bis zu zwei Stellplätze erhöhen oder festlegen, dass die Herstellung von Stellplätzen auf den Baugrundstücken eingeschränkt oder untersagt wird (Anmerkung: die LBO verlangt 1 Stellplatz pro Wohnung).
Die Änderungen in Abs.1 sind für die Innenentwicklung positiv einzuschätzen. Die Möglichkeiten nach Abs. 2 reichen aus Sicht des LNV nicht aus, um den Flächenverbrauch durch Stellplätze/Garagen und Folgeerscheinungen wie Straßenausbauten zu minimieren. Dazu siehe unsere Anmerkungen unter A (c).
D. Sonstige Anmerkungen
zu § 50 Abs. 1
Wir bitten dringend um die Ergänzung eines Satzes (kursiv):
„Die Einrichtung der Anlagen und Einrichtungen, die im Anhang aufgeführt sind, ist verfahrensfrei. Dies ersetzt nicht die notwendige Befreiung oder Genehmigung nach anderen Fachrechten wie Naturschutz- oder Wasserrecht, insbesondere wenn Schutzgebiete direkt oder indirekt betroffen sind.“
zum Anhang zu § 50 Abs. 1
zu Nr. 3c: Entgegen den Einführungsworten zu wesentlichen Änderungen will der vorliegende Gesetzentwurf die Genehmigungspflicht für Solaranlagen nicht nur im Außenbereich, sondern sehr wohl auch im Innenbereich einführen, wenn die Anlage über 3 m Höhe und 9 m Gesamtlänge misst. Dies halten wir für unverhältnismäßig, auch im Vergleich zu anderen Anlagen wie PKW-Stellplätzen, die ausschließlich negative Umweltwirkungen haben. Dies ist bei Solaranlagen nicht der Fall, die regenerative Energie liefern. Wir bitten um gründliche Überarbeitung.
zu Nr. 5b: Die Verfahrensfreistellung von Flutlichtanlagen bis 10 m Höhe wird vom LNV abgelehnt, weil Flutlichtanlagen durch ihre Lichtverschmutzung nicht nur die Nachtruhe stören können, sondern auch Insekten anlocken können, die sich am hellen Licht zu Tode fliegen oder an den heißen Lampen verglühen, ein Artenschutzproblem. Flutlichtanlagen sollten grundsätzlich zusammen mit der zugehörigen (Sport-)Anlage geplant und genehmigt werden. Nachträgliche Bauwünsche müssen aus LNV-Sicht genehmigungsbedürftig sein, um Fehlstandorte zu vermeiden.
zu Nr. 6c: Die Verfahrensfreistellung für Behälter für wassergefährdende Stoffe bis zu 10 m³ (bislang 5 m³) wird abgelehnt, weil die möglichen Umweltauswirkungen von
defekten Behältern es nicht rechtfertigen, solche Bauvorhaben verfahrensfrei zu stellen.
zu Nr. 6f: Fahrsilos, Kompost- und ähnliche Anlagen sollten nur für Landwirte verfahrensfrei sein.
zu Nr. 9a: Die Verdoppelung der verfahrensfreien Werbeanlagen im Innenbereich von 0,5 m² auf 1m² kann der LNV nur mittragen, wenn dies nicht für beleuchtete Anlagen gilt. Zur Begründung siehe oben unter Nr. 5b.
zu Nr. 9b: Die geplante Verfahrensfreiheit für Werbeanlagen in Gewerbe-, Industrie- und Sondergebieten wird abgelehnt, insbesondere auch bis zu einer Höhe von 10 m und ohne Breitenbegrenzung oder Leuchtmittelverbot. Solche großflächigen Werbeanlagen werden erfahrungsgemäß bevorzugt an Ortseinfahrten und Ortsrändern oder gar interkommunalen Gewerbegebieten auf der grünen Wiese im Sichtbereich von Fernstraßen platziert. Sie stellen nicht nur eine erhebliche optische Beeinträchtigung des Orts- und Landschaftsbildes dar, sondern sind auch aus Artenschutzgründen (Anziehungsfalle für Insekten, die sich zu Tode fliegen, u.a.) abzulehnen. Bemängelt wird ferner, dass im Gesetzentwurf keine Angabe zur Länge derartiger Werbeanlagen bzw. einer möglichen Beleuchtung enthalten ist.
zu Nr. 11e: selbstständige Aufschüttungen und Abgrabungen im Innenbereich sollen bis 2 m Höhe oder Tiefe verfahrensfrei sein. Die alte LBO sah noch 3 m vor. Der LNV begrüßt zwar, dass die verfahrensfreie Abgrabungstiefe verringert werden soll. Dennoch lehnt der LNV auch diese 2 m Höhe bzw. Tiefe ab, weil damit eine Prüfung auf Altlasten oder gar die Altlastenentsorgung durch Aufschüttung umgangen werden kann und die Gefahr des Grabens ins Grundwasser hinein besteht. Außerdem gibt es Wasser-, Abwasser, Strom- und möglicherweise Gasleitungen, die nicht im Grundstücksplan verzeichnet sind, so dass weder eine Beschädigung der Leitungen noch Gefahr für Leib und Leben durch den Baggerführer ausgeschlossen werden können.
ebenfalls zu Nr. 11e: Verfahrensfreie Aufschüttungen und Abgrabungen im Außenbereich sollen von ehemals 300 m² auf 500 m² erhöht werden, bei gleichen Bedingungen wie im Innenbereicht: maximal 2 m Höhe/Tiefe. Der LNV lehnt auch dies ab. Abgrabungen und Aufschüttungen sind Eingriffe nach Naturschutzrecht und nicht von der LBO zu regeln. In Bezug auf Gefahren gilt das oben Gesagte.
zu § 9
Die vorgesehene Streichung der Pflanzanordnung und des Erfordernisses standortgerechter Bäume und Sträucher lehnen wir unter Hinweis auf die erheblichen Vollzugsdefizite ab. Ein allgemeinen Hinweis auf „Grünflächen“ reicht nicht aus. Ziel sollte die Schaffung möglichst naturnaher Flächen sein, nicht von „sterilem“ Einheitsgrün.
Wir bitten um Einführung einer Pflicht zur Entsiegelung von Flächen, die keiner Versiegelung (mehr) bedürfen.
zu § 26 ff.
Laut Begründung wird mit dem neuen Brandschutzkonzept für Gebäude mit bis zu fünf Geschossen Erleichterungen für die Feuerwiderstandsfähigkeit umgesetzt mit der Folge, dass nun konstruktive Holzverwendung ermöglicht wird. Dies begrüßt der LNV ausdrücklich.
zu § 35 Abs. 6 alt bzw. 4 neu
zu Nr. 3: Die Ergänzung, dass die Flächen zum Abstellen von Fahrrädern im Freien liegen dürfen, wenn sie über einen geeigneten Wetter- und Diebstahlschutz verfügen, wird begrüßt. Allerdings vermissen wir die Umsetzung der Handlungsempfehlungen des „Runden Tischs Radverkehr“ der Landesregierung. Es darf nicht sein, dass die Landesregierung gesellschaftliche Diskussionen führt, die ohne Umsetzung in die Rechtsvorgaben und Praxis bleiben.
zu § 51 Kenntnisgabeverfahren
Wir halten die Einführung eines vereinfachten Baugenehmigungsverfahrens nur dann für sinnvoll, wenn gleichzeitig das Kenntnisgabeverfahren abgeschafft wird. Auch lehnen wir eine Ausdehnung des Anwendungsbereichs des Kenntnisgabeverfahrens ab. Wir sehen einen Widerspruch darin, einerseits Baustandards notwendigerweise zu verschärfen, andererseits den Behörden die Chance auf eine wirksame Kontrolle durch Deregulierung zu nehmen.
zu Abs. 1 Nr. 5 (Stellplätze und Garagen) siehe unsere Anmerkungen zu § 37 unter A.c: Der LNV lehnt die Privilegierung des motorisierten Menschen vor dem Fußgänger, Radfahrer oder ÖV-Nutzer generell und die verfahrensfreie Anlage von Stellplätzen und Garagen ebenso wie das reine Kenntnisgabeverfahren aus vielen Gründen ab.
zu § 53 und 72
Im gesamten § 53 zur Behandlung von Bauanträgen fehlt jeglicher Hinweis auf die Pflicht zur zusätzlichen Beachtung von Umweltbelangen wie Artenschutz, Biotopschutz, Bodenschutz usw. Es fehlt auch der Hinweis an die Baurechtsbehörden, dass sie auf die Vollständigkeit der Unterlagen in dieser Hinsicht zu achten haben. Wir bitten um Ergänzung eines deutlichen Hinweises.
Entsprechend fehlen in § 72 Baulastenverzeichnis die Pflicht zur Eintragung von Pflanzgeboten, Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen oder Ökokontomaßnahmen nach dem Naturschutzrecht. Wir bitten um entsprechende Ergänzung.
zu § 54 Abs. 3
Mit der Verkürzung der Anhörungsfristen im Baugenehmigungsverfahren für die Fachbehörden von zwei Monaten auf einen Monat ist der LNV nicht einverstanden! Durch die Personaleinsparungen insbesondere im Wasser- und Naturschutzbereich dürfte es den Behörden kaum möglich sein, binnen 4 Wochen fachkundig auf Bauunterlagen zu reagieren.
Diese neuerliche und zusätzliche Verschlechterung der Beachtung von Umweltbelangen durch Fristenkürzung müssten wir andernfalls als gezielten Abbau von Natur-, Boden- und Wasserschutzstandards auffassen. Sie würden der Ankündigung des Ministerpräsidenten in seiner Regierungserklärung und im Koalitionsvertrag, keinen Standardabbau zu verfolgen, widersprechen.
zu § 74 Örtliche Bauvorschriften
Der LNV vermisst ein Recht für die Gemeinden, Festlegungen für die Pflicht zur Nutzung regenerativer Energien oder für Energiesparmaßnahmen in Baugebieten festzulegen zu können, wenn damit die Ziele der Landesregierung im Bereich Energiesparen, Energieeffizienz und Regenerative Energien umgesetzt werden.
zu § 75 Ordnungswidrigkeiten
Wir bitten um Einführung des Tatbestands der Ordnungswidrigkeit für Gemeinden, die entgegen § 4 Abs. 3 den vorgeschriebenen Mindestabstand der Bebauung von 30 m zum Wald nicht einhalten. Das Bußgeld ist bei der Stiftung Naturschutzfonds einzuzahlen, da es sich überwiegend um Eingriffe in Natur und alte Bäume handelt.