Beim Wasserstoff kommt es auf die Farbe an!
Der Landesnaturschutzverband (LNV), Dachverband von 33 Naturschutzvereinen in Baden-Württemberg, sieht den Hype um den Wasserstoff kritisch. Er könne zwar durchaus eine wichtige Rolle als Energieträger (nicht Energiequelle!) bei der Energiewende spielen, wo regenerativ erzeugter Strom nicht direkt verwendet werden kann. Ob sein Einsatz wirklich sinnvoll ist, komme aber entscheidend auf seine Farbe und seine Herkunft an.
Grauer Wasserstoff ist der heute üblicherweise verwendete. Er wird aus fossilem Erdgas hergestellt und hat keine Vorteile gegenüber fossilen Energieträgern. Bei der Umwandlung wird der Kohlenstoff aus dem Erdgas als CO2 freigesetzt und heizt das Klima an.
Blauer Wasserstoff existiert bisher nur im Labormaßstab. Auch er wird aus Erdgas hergestellt, das CO2 wird aber abgeschieden und könnte im Boden verpresst oder anderen Nutzungen zugeführt werden. Der Prozess ist jedoch sehr energieaufwändig. Bei der Variante „türkis“ entsteht als Nebenprodukt Kohle, die man wieder verbrennen kann. Letztlich landet der Kohlenstoff in der Atmosphäre.
Grüner Wasserstoff dagegen wird in Elektrolyseuren aus Strom gewonnen, der regenerativ erzeugt wurde. Bundesforschungsministerin Anja Karlicek hat gesagt, für sie käme nur grüner Wasserstoff in Frage. In der Industrie dagegen wünschen sich manche aus Kostengründen auch andere Farben.
Und auch grüner Wasserstoff ist erst dann sinnvoll, wenn er aus sonst nicht verwertbarem regenerativen Stromüberschuss erzeugt wird. Den gibt es zwar in Norddeutschland in windparkreichen Gegenden, aber wegen ein paar hundert Überschussstunden im Jahr baut niemand Elektrolyseure und eine entsprechende Infrastruktur auf. Bis die Erzeugung von Wasserstoff aus Überschussstrom in Deutschland sinnvoll wäre, vergehen noch viele Jahre.
Wenn bei uns zum jetzigen Zeitpunkt Wasserstoff über Elektrolyseure erzeugt würde, wären große Anteile aus fossilen Quellen dabei und das Ergebnis daher nicht „grün“. Und würden die Elektrolyseure nur mit Wind- und Sonnenstrom betrieben, so heißt das, dass andere Abnehmer den schmutzigeren Strom bekommen. Fürs Klima wäre deshalb nichts gewonnen.
Der LNV fordert daher: wer grünen Wasserstoff will, muss sich für die Erzeugung z. B. in Nordafrika einsetzen. Dort kann man bei geringer Nutzungskonkurrenz große Mengen regenerativen Stroms billig herstellen und Wasserstoff (oder daraus gewonnene Energieträger) nach Europa liefern, anstatt wie bisher Erdöl und Erdgas. Zudem wäre das eine ebenso dringliche wie wichtige Entwicklungsperspektive für diese Region. Hier ist vor allem auch die EU gefordert.
Die Entwicklung der Wasserstoffwirtschaft bei uns sollte sich daher auf Forschung und Entwicklung und die zugehörigen Demonstrationsprojekte konzentrieren, nicht aber auf die Eigenproduktion von Wasserstoff im industriellen Maßstab.