Spitze des Bundesverkehrsministeriums blendet Sachargumente völlig aus
Der Landesnaturschutzverband Baden-Württemberg (LNV) fordert unter Bezug auf die jüngsten Umfragen mit 58 % Zustimmung ein generelles Tempolimit auch auf Autobahnen. Weniger Treibhausgase, weniger Unfallopfer, weniger Lärm, flüssigerer Verkehr – alle Sachargumente sprechen für ein generelles Tempolimit. Der LNV kritisiert Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer scharf, dass er sich dennoch dagegen sperrt. „Während quasi auf der ganzen Welt ein Tempolimit gilt, gebärdet sich Deutschland als Geisterfahrer und rast in die entgegengesetzte Richtung. Das ist Irrsinn“, sagt LNV-Chef Gerhard Bronner.
Plus elf Prozent mehr Treibhausgase im Verkehrssektor – mit diesem unrühmlichen Wert setzt sich Baden-Württemberg an die Spitze der Bundesländer. Während Industrie, Gewerbe und Haushalte ihre CO2-Emissionen gesenkt haben, steigen die Verkehrsemissionen immer weiter, deutschlandweit um vier Prozent jährlich. „Angesichts der Autolobby traut sich offenbar niemand, wirksam gegenzusteuern. Das ist ein Armutszeugnis“, kritisiert Bronner. Beispielhaft zeige das die groteske Diskussion um ein allgemeines Tempolimit.
In fast allen Ländern der Welt gilt ein Tempolimit. In Europa ist Deutschland das einzige Land ohne. International befindet es sich in Gesellschaft mit einer Handvoll Länder wie Nordkorea, Somalia und Afghanistan. Angesichts der verbohrten Ablehnung durch die Verkehrsminister Scheuer und vorher Alexander Dobrindt erinnert der LNV an die Fakten:
Weniger Kohlendioxid-Emissionen
Bei Tempo 120 km/h würden sich die Kohlendioxid-Emissionen auf den Autobahnen, auf denen 40 Prozent der Verkehrsleistung stattfindet, um neun Prozent reduzieren. Das entspricht drei Millionen Tonnen CO2 pro Jahr. Um dieselbe Umweltentlastung in anderen Sektoren zu erreichen, müsste der Staat viele Milliarden investieren – ein Tempolimit würde dagegen Folgekosten sparen. Zudem wären Autos, die für eine geringere Maximalgeschwindigkeit ausgelegt sind, generell sparsamer.
Stärkung des Öffentlichen Verkehrs
Ballungsräumen wie Stuttgart würde insbesondere ein Tempolimit von 50 bis 60 Stundenkilometer auf den Zubringerstraßen Schadstoffe ersparen. Bisher existieren solche Beschränkungen nur auf einzelnen Abschnitten. Eine maßvollere Reisegeschwindigkeit mit dem Auto würde zudem den ÖPNV attraktiver machen.
Flüssigerer Verkehr durch ähnliche Geschwindigkeiten
Tempolimits führen zu weniger Stau, vor allem weil die hohen Geschwindigkeitsdifferenzen wegfallen. Selbst wenn nur 10 bis 15 Prozent der Pkw schneller als 150 km/h fahren – oft sind es mehr –, beeinträchtigen diese einen gleichmäßigen Verkehrsfluss und führen zu dem Phänomen des Staus aus dem Nichts.
Weniger Unfälle
Vorher-Nachher-Vergleiche bei der Einführung von Tempolimits belegen zudem, dass die Zahl der getöteten und verletzten Personen sinken würde. Bei langsameren Geschwindigkeiten entstehen weniger Unfälle mit weniger schlimmen Folgen. „Hätten wir das französische oder das Schweizer Tempolimit, gäbe es in Deutschland jedes Jahr etwa 400 bis 500 Tote weniger im Straßenverkehr“, sagt Bronner. In Frankreich gilt Tempo 80 auf Landstraßen und 130 auf Autobahnen, in der Schweiz 80 auf Landstraßen und 120 auf Autobahnen.
Pressemitteilung als pdf zum Herunterladen:
LNV-Pressemitteilung zum Tempolimit