Ziele im Koalitionsvertrag der Bundesregierung sieht der LNV kritisch
Die Abscheidung von CO2 und seine Verpressung im Untergrund (CCS = Carbon capture and storage) ist in Deutschland bisher verboten. Die neue Bundesregierung möchte das ändern und sieht diese Technik für eine Reihe von Anwendungen vor. Der Landesnaturschutzverband Baden-Württemberg (LNV), Dachverband von 36 baden-württembergischen Naturschutzverbänden, hat sich neu positioniert und befürwortet unter bestimmten Randbedingungen diese Technik, möchte sie aber auf deutlich weniger Anwendungsbereiche beschränkt sehe als die Bundesregierung.
„Für den LNV ist CCS nur vertretbar bei CO2-Emissionen, die auch durch regenerative Energieträger nicht verhindert werden können“, sagt der LNV-Vorsitzende Gerhard Bronner. Der wichtigste solche Fall ist die Herstellung von Zement. Sie setzt weltweit gut vier Milliarden Tonnen CO2 im Jahr frei, rund 8 % der globalen Treibhausgasemissionen. Die hierfür aufgewandte Prozessenergie kann und muss aus LNV-Sicht auf regenerativ erzeugten Strom umgestellt werden. Rund 60 % der Emission sind allerdings unvermeidbar, da das CO2 aus dem Kalk stammt. Bei der Zementproduktion lässt sich die Freisetzung von CO2 in die Atmosphäre nur vermeiden, indem das Gas abgeschieden unter hohem Druck im Untergrund endgelagert wird. Ähnliches gilt für die Müllverbrennung und die Herstellung von Branntkalk. Ganz auf die Zementproduktion und Müllverbrennung zu verzichten sieht der LNV als kaum möglich an.
Weitere Einsatzbereiche lehnt der LNV ab
Im Koalitionsvertrag der Bundesregierung sind allerdings weitere Einsatzbereiche genannt: Gaskraftwerke, schwer zu decarbonisierende industrielle Verfahren und die Stahlindustrie. Diese Optionen lehnt der LNV explizit ab. „Wir sehen dabei die Gefahr einer Refossilisierung und Abkehr von der Energiewende“, so LNV-Chef Bronner.
CCS unter Bedingungen akzeptabel, CCU nicht
Für den Umgang mit dem abgeschiedenen CO2 gibt es bislang zwei Konzepte: »Carbon Capture and Storage« (CCS) und »Carbon Capture and Utilization« (CCU). Das abgeschiedene CO2 kann entweder in aufnahmefähigen Gesteinsschichten im Untergrund verpresst und dauerhaft gebunden (CCS) werden oder aber es wird zu neuen Produkten verarbeitet (CCU).
Bei CCU wird vorgeschlagen, aus dem abgeschiedenen CO2 wieder Kohlenwasserstoffe zu produzieren, die als Treibstoff verwendet werden können (E-Fuels). Dies ist nach Ansicht des LNV ein Irrweg. Weil Kohlendioxid ein sehr stabiles Molekül ist, würde dies einen Energieaufwand, der noch wesentlich höher ist als beim Abscheidungsprozess. Solche Treibstoffe wären zum einen extrem ineffizient und teuer. Zum anderen würde der Kohlenstoff nach der Passage eines Verbrennungsmotors doch in die Atmosphäre freigesetzt. „Wir sehen deshalb aus ökonomischen und ökologischen Gründen keine Perspektive für CCU“, stellt Bronner fest.
Die CCS-Technik, CO2 in tiefe Gesteinsschichten zu verpressen, wird längst praktiziert – bisher ohne wesentlich Lecks oder Unfälle. Bei der Gewinnung von Erdgas in der Nordsee in Norwegen wird seit 1996 das enthaltene CO2 abgetrennt und anschließend wieder in die vormaligen, jetzt entleerten, Lagerstätten verpresst (anstatt es, wie andernorts, in die Atmosphäre zu entlassen). Im günstigsten Fall reagiert das Gas mit dem Gestein („Mineralisierung“) und ist fest gebunden. Aber auch die Speicherung als verflüssigtes Gas in porösem Gestein funktioniert. Entscheidend für die Sicherheit ist der anhaltend hohe Druck sowie der sichere Verschluss des Lagers nach Füllung. Ein mögliches Restrisiko bei CCS beurteilt der LNV als geringer als das Schadensrisiko, wenn CO2 weiter in die Atmosphäre abgegeben wird.
zur LNV-Position: https://lnv-bw.de/carbon-capture-and-storage-ccs-lnv-position/
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