Finanzierung des Naturschutzes

LNV-Info 1/2017

Seit 5 Jahren erlebt der Landeshaushalt einen Zuwachs der Naturschutzmittel, der früher undenkbar erschien. Der Zuwachs soll sich bis Ende der Legislaturperiode fortsetzen – die Naturschutzmittel wären dann von 30 Mio. € jährlich auf 90 Mio. € jährlich gestiegen.

Diese Steigerung ist der Erkenntnis zuerst der grün-roten und dann der grün-schwarzen Regierungspartner geschuldet, dass der Naturschutz über Jahrzehnte stark unterfinanziert war. Er war nicht in der Lage, die im Naturschutzgesetz selbst gesteckten Ziele und – was politisch noch wichtiger war – die durch EU-Recht geforderten Mindeststandards zu erreichen.

Dennoch haben die finanziellen Sorgen des Naturschutzes noch kein Ende. In 2016 tauchte bei der Bewilligung der Landschaftspflegemittel eine große Finanzierungslücke auf. Bereits verhandelte Verträge mit Landwirten konnten nicht geschlossen werden, für den Werterhalt der Biotope dringende Landschaftspflegearbeiten mussten zurückgestellt werden. Für 2017 wird eine ähnliche Situation erwartet. Wie kann das bei einem nominal mehr als verdoppelten Naturschutzhaushalt sein?

Dass das Land sparen muss ist politisch weitgehend unstrittig. Bis vor wenigen Jahren gab es jedoch einige „Schonbereiche“, die vom Sparen ausgenommen wurden: die Bildung, die Justiz, die Polizei und die Wissenschaft. Man kann diese Auswahl für sachlich begründet halten oder nicht: diese Schonbereiche stehen für 80 % der Landesausgaben…. Das heißt, die für das ganze Land zu erbringenden Einsparungen mussten die 20 % Ausgabenposten außerhalb der Schonbereiche erbringen, darunter die gesamte Umweltverwaltung. Dies hat im Lauf der Jahre zu einem beispiellosen Kahlschlag in der Umweltverwaltung geführt, die bereits vorher im Bundesländervergleich schlecht aufgestellt war. Das ist mittlerweile durch eine Studie belegt:
(Studie des Umweltministeriums zum Herunterladen)

In der untenstehenden Grafik sind die Anteile des Umwelt- und des Naturschutzes am Gesamthaushalt für 2017 dargestellt:

Mio. €
HH gesamt 47845,5
HH Umweltministerium 526,3
HH Naturschutz 66,2



 

Die Schonbereiche wurden mittlerweile abgelöst durch ein „Schalenmodell“, nach dem die einzelnen Ausgabenbereiche verschiedenen Schalen zugeordnet wurden. Je nach Schale müssen unterschiedliche prozentuale Einsparungen erbracht werden. Dafür gibt es durchaus nachvollziehbare Gründe. Kürzungen bei durchlaufenden Bundes- oder EU-Geldern machen keinen Sinn und auch Kürzungen beim Personal sind nicht immer kurzfristig umsetzbar. Im zurückliegenden Haushalt gab es besonders hohe Sparvorgaben im Sachbereich und besonders niedrige im Personalbereich.

Das hat das Umweltministerium und insbesondere die Sachmittel für den Naturschutz besonders belastet. Erschwerend kommt hinzu, dass im Naturschutz in einem besonders hohen Umfang Personalaufgaben über Sachmittel finanziert werden, beispielsweise bei den Landschaftserhaltungsverbänden, aber auch bei der LUBW (Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz).

Zu welch überproportionalen Einsparungen das führt, ist in oben stehenden blau-roten Kreisdiagrammen dargestellt.

Das heißt: trotz der geringen Anteile des Umwelthaushaltes insgesamt und des Naturschutzhaushaltes insbesondere, wird hier stark überproportional gegenüber anderen Ressorts gespart.

Das führt zu folgendem Effekt:

Zwar findet nominell ein Aufwuchs des Naturschutzhaushaltes 2017 gegenüber 2016 um 7 Mio. € (+0,6 Mio. Fraktionsmittel) statt, dem steht aber eine Einsparung von etwa 5,75 Mio. € gegenüber. Die reale Erhöhung um 1,85 Mio. € reicht aber nicht, um den mittlerweile aktiven und erfolgreichen Landschaftserhaltungsverbänden ausreichend Mittel für Ihre Arbeit zur Verfügung zu stellen. Das heißt, der in Jahrzehnten akkumulierte Nachholbedarf, der nach dem o. g. Gutachten im Naturschutz besonders hoch ist, kann nicht abgearbeitet werden. Eine Kostenschätzung für die Umsetzung der Naturschutzstrategie ergab einen Finanzbedarf von etwa 100 Mio. €. Die hehren Ziele der Naturschutzstrategie können auf diese Weise nicht erreicht werden.

Während also der Naturschutz nach wie vor unterfinanziert ist, wird etwa der Straßenbau großzügig ausgestattet. Dass seit einigen Jahren mehr Geld in den Unterhalt der vorhandenen Straßen gesteckt wird und weniger in Neubau, ist durchaus sinnvoll. Was aktuell vorgesehen ist, ist jedoch wiederum übertrieben. Der Landesrechnungshof hat einen Finanzbedarf für die Sanierung der Landesstraßen von jährlich 100 Mio. € ermittelt. Im Haushalt sind nun aber 170 Mio. € vorgesehen, zuzüglich 50 neue Stellen in der Straßenbauverwaltung.

Wie kann eine Lösung aussehen – Vorschlag der Naturschutzverbände

Egal ob am Schalenmodell festgehalten werden soll oder nicht: der im Koalitionsvertrag vorgesehene Aufwuchs der Naturschutzmittel muss netto und nicht brutto erfolgen.

 

 

Stuttgart, 30.03./20.03.2017

gez. Dr. Gerhard Bronner
LNV-Vorsitzender

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