LNV-Info 6/2021
Ergebnisse der Umfrage bei Naturschutzbeauftragten und Unteren Naturschutzbehörden
Gute Noten bei der Außenwahrnehmung des Landesnaturschutzverbandes
als download: LNV-Info 2021/06
Vorbemerkungen
Der Landesnaturschutzverband Baden-Württemberg e. V. (LNV) ist Dachverband der Natur- und Umweltschutzverbände in Baden-Württemberg. In ihm sind 36 Vereine mit ca. 540.000 Mitgliedern organisiert. In den Stadt- und Landkreisen ist der Landesnaturschutzverband mit seinen LNV-Arbeitskreisen aktiv. Sie führen das Engagement all derjenigen zusammen, die sich auf Kreisebene für den Naturschutz einsetzen. Zu den wichtigsten Aufgaben der LNV-Arbeitskreise gehört es, Bauvorhaben und andere Anhörungsverfahren zu begleiten und Stellungnahmen abzugeben. Zudem stehen sie in engem Kontakt mit Behörden, Verbänden, Bürgerinitiativen, Politikerinnen und Politikern sowie Unternehmen, kommunalpolitischen Gremien und Fachgremien, um den Natur- und Umweltschutz wirkungsvoll vertreten zu können.
Wie wird der LNV wahrgenommen?
Der LNV-Vorstand wollte gerne wissen, wie die LNV-Arbeitskreise von außen wahrgenommen werden. Sind sie geschätzte Kooperationspartner oder eher lästiger „Sand im Getriebe“? Welche Erfolge können die LNV-Arbeitskreise in ihren Bemühungen um den Natur- und Umweltschutz vorweisen? Wo gibt es Verbesserungsmöglichkeiten und Fortbildungsbedarf für unsere ehrenamtlichen Naturschützerinnen und Naturschützer?
In Abstimmung mit Landkreistag, Städtetag und der Arbeitsgemeinschaft der Naturschutzbeauftragten Baden-Württemberg wurde eine Online-Umfrage erstellt und am 26. März 2021 an die Unteren Naturschutzbehörden und Naturschutzbeauftragten im ganzen Land geschickt mit der Bitte, die Umfrage auch an weitere in Frage kommende Personen weiterzuleiten. Eine Teilnahme an der Umfrage war bis zum 18. April 2021 möglich. Neben allgemeinen Angaben zu Arbeitsort und Wirkungskreis wurde u. a. abgefragt, wie die Teilnehmer*innen der Umfrage die Arbeit der örtlichen LNV-Arbeitskreise hinsichtlich fachlicher Kompetenz, Wahrnehmung in der Öffentlichkeit, Wirksamkeit von Stellungnahmen oder konkreten Erfolgen für den Natur- und Umweltschutz einschätzen. Einzelne Fragen konnten übersprungen werden, zum Teil waren bei einer Frage mehrere Antwortoptionen möglich.
Ergebnisse
Es beteiligten sich insgesamt 94 Personen der 44 angeschriebenen Behörden an der Umfrage, allerdings wurden von 20 % die meisten Fragen übersprungen. Die Rückmeldungen erlauben nicht nur Aussagen zur Wahrnehmung des LNV. Da ein erheblicher Teil der Aktiven in den LNV-Arbeitskreisen bei BUND und NABU aktiv sind, sind die Ergebnisse wohl weitgehend generell für die Naturschutzverbände gültig.
Die meisten Beantwortungen kamen von den Naturschutzbeauftragten, die auch den Großteil des angefragten Verteilers darstellen. 16 kamen von Fachkräften der Unteren Naturschutzbehörden, vier von Verwaltungskräften.
Von den Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Umfrage gaben 44,68 % an, regelmäßig oder zumindest gelegentlich beruflichen Kontakt zum LNV-Arbeitskreis in ihrem Zuständigkeitsbereich zu haben. Mehrfach wurde der Wunsch nach intensiveren und häufigeren Kontakten geäußert. Die Antworten spiegeln sicher auch die jeweilige Aktivität des LNV-Arbeitskreises wider. Wo nur wenige Aktive im Arbeitskreis sind, fehlen die Ressourcen für eine regelmäßige Kontaktpflege.
Kontaktaufnahme und -pflege kann von beiden Seiten ausgehen und bei der Arbeit helfen. Deshalb sollten wir als LNV durchaus aktiv den Kontakt suchen. Es spricht viel dafür, die Naturschutzbeauftragten regelmäßig und Mitarbeiter*innen des Landratsamtes bei bestimmten Themen zu den Treffen der LNV-Arbeitskreise einzuladen.
Nachdem der LNV sich derzeit sehr intensiv um die Qualifikation seiner ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bemüht, sollte die Abfrage auch dazu dienen, den Fortbildungsbedarf genauer zu definieren. Die Qualifikation unter dem Dach des Projektes „Stärkung des Ehrenamtes im Naturschutz“ (StEiN) wurde erfreulicher Weise in einem Kommentar besonders gelobt.
Kernstück der Umfrage war die Bewertung der Arbeit der LNV-Arbeitskreise. Acht Kriterien wurden abgefragt und um eine Notenvergabe von 1 (sehr gut) bis 6 (ungenügend) gebeten. Es dominierten die Noten 2 und 3, die zusammen bei allen Kriterien mindestens zwei Drittel der Antworten umfassten. Die Noten 5 und 6 wurden dabei ausschließlich aus den Reihen der Naturschutzbeauftragten vergeben. Die folgende Abbildung zeigt die Ergebnisse:
Die Durchschnittsnoten zu den einzelnen Kriterien sind nachfolgend dargestellt:
Aktivitätsumfang: 2,5
fachliche Kompetenz: 2,2
Kommunikation, Kooperation: 2,5
rechtliche / verwaltungsmäßige Kompetenz: 2,6
öffentliche Präsenz: 3,0
öffentliche Anerkennung: 3,0
Flexibilität: 2,7
Wirksamkeit der Arbeit / Stellungnahmen: 2,8
Am besten schneidet mit einer Durchschnittsnote von 2,2 die fachliche Qualifikation ab. Mit 3,0 am bescheidensten werden die öffentliche Präsenz sowie die öffentliche Anerkennung bewertet. Bei der öffentlichen Präsenz spiegelt sich die Tatsache wider, dass es in manchen Landkreisen sehr schwer ist, Mitarbeiter*innen für die LNV-Arbeitskreise zu finden.
Mangelnde öffentliche Anerkennung dagegen muss nicht zwingend ein Fehler der LNV-Arbeit sein:
Unsere Aufgabe ist es, auch unpopuläre Positionen im Sinne des Naturschutzes einzunehmen.
LNV-Kernkompetenz: Stellungnahmen
Eine der wichtigsten Aufgaben der LNV-Arbeitskreise ist die Erarbeitung von Stellungnahmen im Rahmen vielfältiger Beteiligungsverfahren, von Straßenbauvorhaben über Bebauungspläne bis hin zur Ausweisung von Schutzgebieten – die anerkannten Naturschutzverbände müssen angehört werden. Da lag es für uns nahe zu erfragen, wie die unzähligen Stellungnahmen, die die LNV-Arbeitskreise landesweit im Jahr abgeben, von den Naturschutzbeauftragten und Naturschutzbehörden wahrgenommen werden, und wir baten die Teilnehmer*innen, aus einer vorgegebenen Liste von Aussagen zu Stellungnahmen die drei zutreffendsten auszuwählen.
Erfreulich ist die Einschätzung von knapp 65 % der Befragten, dass die Stellungnahmen des LNV öfters oder doch zumindest gelegentlich eine Änderung der Planung bewirkten.
Nicht übersehen werden darf dabei jedoch die Einschätzung von immerhin 27 % der Umfrageteilnehmer*innen, dass die Stellungnahmen der LNV-Arbeitskreise weitgehend wirkungslos bleiben. Knapp 23 % gaben zudem an, die LNV-Stellungnahmen würden von den Behörden als weniger bedeutsam eingestuft. 16 Umfrageteilnehmer*innen (21,62 %) vermuten, dass die Stellungnahmen deutlich wirksamer wären, wenn sie verbindlicher oder diplomatischer wären, und 10,81 % wünschen sich qualifiziertere Stellungnahmen.
Oft sind LNV-Aktive der Meinung, ihre Stellungnahmen würden von den Behörden nicht ernst genommen. Die Gesamtheit der Rückmeldungen spricht allerdings eine andere Sprache: 35 % der Teilnehmenden sagte, LNV-Stellungnahmen
würden von den Behörden als bedeutsam eingestuft.
Und eine der wichtigsten Aussagen: Knapp 42 % der Befragten teilten die Auffassung, dass das Wissen um die „Beobachtung“ durch den LNV (und wohl auch anderer Umweltverbände) zu sorgfältigerem Verwaltungshandeln führe.
Dies sollten wir uns bei allem Frust über einzelne Misserfolge immer vor Augen halten: Unsere Arbeit trägt maßgeblich dazu bei, den Umwelt- und Naturschutz vor Ort zu stärken!
Erfolgsmeldungen
Die Naturschutzarbeit, das Schreiben von Stellungnahmen fühlen sich oft an wie ein Kampf gegen Windmühlen. „Gebaut wird ja doch immer!“, „Unsere Stellungnahmen verpuffen einfach“, „Das bringt doch alles nichts“… hören wir leider allzu oft aus unseren LNV-Arbeitskreisen.
Darum baten wir in einer Frage, Fälle zu benennen, in denen die Arbeit des LNV zu Verbesserungen geführt hat. Gemeint waren konkrete Projekte, bei den Rückmeldungen wurden jedoch auch häufig generelle Themen genannt. Dort ist offen, ob die Arbeit des LNV-Arbeitskreises oder des LNV insgesamt gemeint war.
Bei den Projekten, die der LNV positiv beeinflusst hat, im Einzelfall auch einmal verhindert, stechen zwei Themen hervor: Bauleitplanung (Bebauungspläne, Flächennutzungspläne, Regionalplan) mit sieben Fällen und Verkehrsprojekte mit fünf Fällen. Andere Projekte wie Solaranlagen, Schutzgebiete, Landschaftspflege, Artenschutz und Deponien wurden jeweils ein- bis zweimal genannt. Hier spiegelt sich die Tatsache wider, dass Bauleitplanungen die mit weitem Abstand häufigste Beteiligungsart sind (vgl. hierzu die LNV-Jahresberichte, Rubrik „Anhörungsverfahren“).
Auch bei den generellen Nennungen steht die Bauleitplanung mit neun Nennungen an erster Stelle. An zweiter Stelle steht hier der Artenschutz, LNV-Publikationen werden dreimal genannt. Weitere Themen sind Landschaftspflege, Landwirtschaft, Freizeit, Biotope und Sonstiges.
Nachfolgend eine Zusammenfassung in Stichpunkten, die zudem das enorm breite Spektrum an Mitwirkungsmöglichkeiten zeigt:
- Minimierung der Eingriffe und des Flächenverbrauchs bei Straßenplanungen, Bauleitplanungen oder Flurneuordnungen.
- Angemessene Berücksichtigung des § 44 BNatSchG (Artenschutz), beispielsweise durch Entdeckung und Meldung von Artvorkommen, Gebietskenntnisse, durch Nachbesserungen bei Ausgleichs- oder Artenschutzmaßnahmen, durch Meldung mangelnder Ausführung, Forderung besserer Kartierungen, Durchführung von Artenhilfsmaßnahmen, Fledermausschutz bei einem Bahnprojekt, Förderung von Offenlandarten, Amphibienleiteinrichtungen, Projekte zur Vernetzung von Amphibienvorkommen.
- Gewässerrenaturierung; achtsamerer Umgang mit Gehölzen an Gewässern.
- Maßnahmen gegen Lichtverschmutzung.
- Entwurf/ Mitwirkung an Baumschutzsatzung.
- Flächenhafte Naturdenkmale: Fachliche Unterstützung und Zusammenarbeit in Bezug auf Pflegezustand/-ziele.
- Ausweisung neuer Naturschutzgebiete.
Erfreulich und ein Zeichen für eine in manchen Landkreisen sehr gute Zusammenarbeit und Wertschätzung zwischen UNB und LNV-Arbeitskreis war u. a. auch folgender Hinweis:
„Als untere Naturschutzbehörde werden die Einschätzungen des LNV regelmäßig angenommen und fließen in unsere Überlegungen ein.“
Lob, Kritik und Kommentare
Natürlich bot die Umfrage auch Gelegenheit, frei von der Leber weg mitzuteilen, was einem sonst noch zu „seinem“ LNV-Arbeitskreis einfällt.
Insgesamt nutzten 34 Umfrageteilnehmer*innen diese Möglichkeit. Aus den Kommentaren ist ersichtlich, dass in vielen Landkreisen die Arbeit des jeweiligen LNV-Arbeitskreises geschätzt wird, der LNV-AK in anderen Landkreisen allerdings gar nicht oder eher negativ wahrgenommen wird.
Beispielsweise stellt eine Fachkraft einer Unteren Naturschutzbehörde dem LNV zwar insgesamt ein gutes fachliches Zeugnis aus, bemängelt aber eine beschränkte Sichtweise mancher Akteure. So fehle ein Verständnis für Belange außer dem Naturschutz, das nötig ist, um die insgesamt beste Lösung zu finden. Zudem fehle manchmal die Sensibilität für Zielkonflikte innerhalb des Naturschutzes.
Hier sei angemerkt, dass es die Aufgabe des LNV und der Naturschutzverbände generell ist, die Interessen der Tiere, Pflanzen und der Landschaft zu vertreten, die selbst keine Stimme haben. Einen für alle tragbaren Kompromiss zu finden, dürfen andere versuchen.
Teilweise wurde in den Kommentaren auch um mehr Verständnis für die Arbeit und Vorgehensweise einer Unteren Naturschutzbehörde gebeten, die aufgrund der Verwaltungsstruktur oder rechtlicher Vorgaben einfach oft keine direkte Zuständigkeit und Handlungsbefugnis hat.
Auch wurde darauf hingewiesen, dass sich beispielsweise zu begrüßende fachliche Vorstellungen nicht per se in der rechtlichen Grundlage des Bundesnaturschutzrechtes und insbesondere des Baurechtes wiederfinden.
Aus einigen Kommentaren lässt sich ableiten, wo Verbesserungen und Öffentlichkeitsarbeit – auch auf LNV-Landesebene – wünschenswert wären bzw. wo es noch rechtlichen oder fachlichen Fortbildungsbedarf gibt. Diese Anregungen nehmen wir uns gerne zu Herzen!
Bekanntheit des LNV-Infobriefes
Abschließend wurde nach dem LNV-Infobrief gefragt. Über 60 % der Befragten lesen ihn häufig, nur 7 % nie. Mehrere Kommentare bestätigten eine hohe Wertschätzung des LNV-Infobriefes. Und das Beste: Zwölf neue Abonnent*innen wurden im Zuge der Umfrage gewonnen 😊
Wir danken allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Umfrage herzlich für Ihre Zeit und die wertvollen Hinweise, die es uns ermöglichen, uns stetig zu verbessern!
Stuttgart 16.06.2021
gez. Gerhard Bronner / Julia Flohr
julia.flohr@lnv-bw.de
LNV-Info als download: LNV-Info 2021/06