Ressemitteilung vom Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND),
Landesnaturschutzverband (LNV) und Naturschutzbund (NABU):
Landesregierung will Umweltrecht für Bundeswehr-Bauten aushebeln
Naturschutzverbände lehnen Gesetzentwurf entschieden ab und warnen vor gefährlichem Präzedenzfall
BUND, NABU und (LNV) in Baden-Württemberg lehnen den Entwurf eines „Gesetzes zur Förderung von Bauvorhaben der Bundeswehr (BwBauFöG)“ entschieden ab. Der Gesetzentwurf sieht vor, dass Bauvorhaben für die Landesverteidigung von sämtlichen Vorgaben des Landesrechts – darunter Umwelt-, Bauordnungs-, Natur- und Wasserschutz-, Straßen- und Denkmalschutzrecht – freigestellt werden. Die drei Verbände sehen darin einen unverhältnismäßigen und gefährlichen Schritt – ohne belastbaren Nachweis, dass das Landesrecht bisher tatsächlich ein Hindernis für Bundeswehr-Bauvorhaben war.
Landesregierung soll den Gesetzentwurf zurückzuziehen
Ihre Bedenken und Kritik haben die Verbände in einer gemeinsamen Stellungnahme formuliert. Sie fordern die Landesregierung auf, den Gesetzentwurf zurückzuziehen und gemeinsam mit Fachleuten nach zielgenauen Lösungen zu suchen, die Verfahren beschleunigen, ohne Umwelt- und Naturschutzrecht auszuhebeln. Statt Einzelfälle im Rahmen der bestehenden Gesetze pragmatisch zu lösen, will die Ministerin für Landesentwicklung und Wohnen, Nicole Razavi (CDU), der Bundeswehr einen umfassenden baulichen Freibrief ausstellen, wobei Bundes- und EU-Vorgaben weiter gelten würden. Zugleich bleibt offen, ob ähnliche Gesetze künftig auch auf Bundes- oder EU-Ebene geplant sind. Aus Sicht der Verbände weckt der Entwurf Erwartungen, die er rechtlich gar nicht erfüllen kann, und erzeugt zusätzliche Rechtsunsicherheit, statt Probleme zu lösen.
Umwelt-, Natur- und Wasserschutzrecht nicht pauschal aushebeln
Johannes Enssle, Landesvorsitzender des NABU Baden-Württemberg:
„Niemand bestreitet die Notwendigkeit, die Verteidigungsfähigkeit zu stärken. Aber wir sind nicht im Verteidigungsfall. Wer in dieser Situation Umwelt-, Natur- und Wasserschutzrecht pauschal aushebeln will, überschreitet eine rote Linie. Sicherheit gibt es nicht gegen unsere Lebensgrundlagen, sondern nur mit deren Schutz.“
gefährlicher Präzedenzfall
Sylvia Pilarsky-Grosch, Landesvorsitzende des BUND Baden-Württemberg:
„Das geplante Bundeswehr-Baugesetz (BwBauFöG) wäre ein Blankoscheck – unbefristet und ohne echte Problemanalyse. Heute sollen Bundeswehr-Bauten vom Umweltrecht befreit werden, morgen vielleicht Straßen- oder Wohnungsbau, weil sie als wichtig deklariert werden. Damit schafft die Landesregierung einen gefährlichen Präzedenzfall, der unter dem Etikett des Bürokratieabbaus die Tür für weiteren Abbau von Schutzstandards öffnet.“
Bundeswehr im Bauplanungsrecht schon heute privilegiert
Dr. Gerhard Bronner, Vorsitzender des Landesnaturschutzverbands Baden-Württemberg:
„Der Entwurf behauptet, es gebe keine Alternativen zum Gesetz – dabei ist die Bundeswehr im Bauplanungsrecht schon heute privilegiert. Man sollte bestehende Spielräume nutzen, statt das Landesumweltrecht komplett auszuhebeln. In der Vergangenheit lag träges Handeln der Bundeswehr an internen bürokratischen Strukturen, die man zunächst auf Vordermann bringen sollte.“
Alternativen zum Gesetzesvorschlag
Die Naturschutzverbände nennen konkrete Alternativen zum Gesetzesvorschlag:
• Vorhandene Bundeswehr-Liegenschaften außerhalb besonders geschützter Flächen besser nutzen und sanieren.
• Weitere Verkäufe geeigneter Bundeswehrflächen an Dritte stoppen.
• Genehmigungsverfahren zügig durchführen. Bei der Windenergie hat die Verwaltung gezeigt, dass sie das kann.
• Prüfen, ob sich bereits veräußerte, noch ungenutzte Flächen zurückholen lassen.
• Bauregeln prüfen und abbauen, ohne Umweltstandards abzubauen.
Regelungsbefreiungsgesetz für Kommunen ist befristet
Am Beispiel des ehemaligen Absetzgeländes in Renningen-Malmsheim, das zugunsten von Wirtschaftsinteressen abgegeben wurde, machen die Verbände ihre Kritik deutlich: Wenn von der Bundeswehr genutzte Flächen ohne gesicherte Ersatzstandorte verkauft werden, darf der daraus folgende Flächenmangel nicht als Begründung für ein Freistellungsgesetz dienen.
Die Verbände erinnern daran, dass die Landesregierung bereits mit dem jüngst beschlossenen Regelungsbefreiungsgesetz Kommunen ermöglicht, Landesrecht befristet auszuhebeln. Das nun geplante Bundeswehr-Baugesetz würde diesen Pfad ad absurdum führen – diesmal ohne Befristung.
Erhalt und Reparatur bestehender Infrastruktur wichtiger
Statt weiterer Deregulierung fordern BUND, LNV und NABU, die tatsächliche Verteidigungsfähigkeit durch den Vorrang von Erhalt und Reparatur bestehender Infrastruktur, insbesondere bei Schienen und Brücken, zu stärken.
Hintergrundinformationen
Gemeinsame Stellungnahme der Verbände






