Scheinheilige Kritik an Neufassung der Düngeverordnung
Die Neufassung der Düngeverordnung war notwendig geworden, weil die Europäische Union Deutschland rechtliche Schritte wegen Untätigkeit bei der Reduktion der Nitratbelastung androhte. Mit einer Vielzahl von detaillierten Regelungen und Pflichten für die Landwirte soll das Problem nun angegangen werden. Der Bauernverband attackiert die Neufassung heftig.
Auch Dr. Gerhard Bronner, Landwirtschaftsreferent des Landesnaturschutzverbandes Baden-Württemberg (LNV), kommen bei der Lektüre des Entwurfs der neuen Düngeverordnung Zweifel, ob das wirklich der richtige Weg ist. „Werden die Detailregelungen hinsichtlich Sperrzeiten wirklich jeder Witterungs-, Standort- und betrieblichen Situation gerecht? Macht es Sinn, den Input an Stickstoff zu regulieren, wenn der Standort bei gutem Management auch mehr Stickstoff sinnvoll verwerten könnte? Und trifft der bürokratische Aufwand der Schlagdokumentation und -bilanzierung womöglich kleinstrukturierte Betriebe besonders stark, die gar nicht für das Problem verantwortlich sind?“, fragt sich der Umweltschützer besorgt.
Dass beim LNV dennoch wenig Mitgefühl mit der Landwirtschaft aufkommt, liegt daran, dass es gerade ihre Standesvertretung war, die in der Vergangenheit bessere Regelungen blockiert hat. Wie der Teufel das Weihwasser habe der Bauernverband die einzig sinnvolle Bilanzierung, die sogenannte „Hoftorbilanz“ bekämpft und stattdessen die bisherige Methode (Feld-Stall-Vergleich) verteidigt, die bei tierhaltenden Betrieben grob falsche Ergebnisse brachte. „Es wurde eine ausgeglichene Stickstoffbilanz vorgespiegelt, wo tatsächlich mehr als die Hälfte in Grundwasser und Atmosphäre verloren ging“, so Bronner.
Das haben auch viele agrarwissenschaftliche Sachverständigengremien beanstandet – leider hörte die Politik aber lieber auf die Interessenvertreter der flächenunabhängigen Fleisch-Großproduzenten, die ihre Art der „Gülleverklappung“ bedroht sahen. Sinnvoll wäre es nach Ansicht des LNV gewesen, nicht den Input des Stickstoffs zu regulieren, sondern die Bilanz: Wenn die Stickstoffverluste, die heute im Schnitt noch bei knapp 100 kg pro ha und Jahr liegen, auf den betrieblich unvermeidlichen Wert gesenkt würden, spielt es keine Rolle, wie hoch der Input ist.
Die Regulierung der Bilanz gäbe dem Landwirt ein Ziel vor und überließe ihm die Verantwortung, wie er dieses Ziel erreicht. Diese Chance wurde vertan, stattdessen gibt es weitere Bürokratie und Rechtsrisiken für die Landwirte. Die Kritik des Bauernverbands daran ist freilich scheinheilig. Wenn man vernünftige Lösungen bekämpft und z. B. weiterhin so tun will, als enthielte Biogasgärrest keinen Stickstoff, braucht man sich über kompliziertere Lösungen nicht wundern. Denn die Verstickstoffung unserer Umwelt ist eines unserer zentralen Umweltprobleme.
Download: LNV-PM zur Düngeverordnung