Gravierende Schädigungen an über 100 Bäumen
entlang der Transportwege zum Windpark Kirchberg/Jagst
Umweltmeldung des Naturschutzzentrums Schwäbisch Hall
Sehr geehrte Damen und Herren,
Wir sehen uns veranlasst, nachstehend einen besonders drastischen Fall von Baumfrevel anzuzeigen. Für den Windpark Kirchberg-Jagst wurden Zufahrtswege festgelegt, die abschnittsweise mit einer großen Zahl an Bäumen bestanden sind. Dabei handelt es sich zum einen um ca. ein Dutzend sehr alte ökologisch hochwertige Birnbäume, zum größten Teil jedoch um mittelalte Bäume, die dort im Rahmen der Flurbereinigung zur A 6 vor ca. 40 Jahren entlang der neuen Wege gepflanzt wurden.
Weit über hundert Bäume wurden nun – um einen reibungsfreien Transport der Windradbauteile zu ge-währleisten – in den letzten Tagen in einer extrem unsensiblen Weise zurechtgestutzt, in dem die Krone direkt am Stamm völlig einseitig aufgeastet wurde – oft bis zum Gipfel, so dass neben starken Verletzungen ein extremes Ungleichgewicht besteht. Nach Einschätzung unserer Fachleute wird ein Großteil der Bäume bleibende Schäden (Faulstellen, Ausbluten/-trocknen, Wundkrankheiten) davontragen, vermutlich bis zu 50 % werden entweder nach Jahren des Dahinvegetierens absterben oder die für den Naturhaushalt gewünschte Weiterentwicklung nicht mehr beschreiten. Ein zufällig bei unserer Begehung anwesender professioneller Baumpfleger sprach von einer „unglaublich dilettantischen Vorgehensweise“. Auch bei den wertvollen Altbäumen ist der Schaden groß – hier wurden sogar für den Artenschutz unent-behrliche Höhlenbäume massiv beschädigt. Auch in den zum Abtransport bereitliegenden riesigen Schnitt-holzhaufen waren mehrere durchtrennte Baumhöhlen festzustellen. Mehrere Bäume wurden zudem vollkommen entfernt. Nur an wenigen Stellen/Bäumen wurde der Beschnitt dagegen zufriedenstellend vorgenommen.
In der örtlichen Presse wird das Geschehen vom Betreiber dagegen völlig anders dargestellt – aus unserer Sicht als überwiegend nicht zutreffend und beschönigend: Artikel
In der die dortige ziemlich ausgeräumten Ackerlandschaft bedeutet ein solcher Eingriff einen herben Ver-lust, weil die Baumreihen neben wenigen Altgehölzen, welche die Flurbereinigung überlebt haben, unter anderem für Vögel die einzigen Rückzugs- und Nahrungsbiotope sind sowie für den lokalen Biotopverbund unersetzlich sind.
Die mittelalten Bäume wurden im Zuge der Flurbereinigung gepflanzt und zwar als eine der hauptsächlichen Ausgleichsmaßnahmen für die zahlreichen damals im Verfahren erfolgten Biotopverluste.
Sie waren gerade im Begriff, ihren ökologischen Wert zu entfalten. Umso schlimmer wiegt es, wenn nun diesem endlich habhaft werdenden Ausgleich ein derartiger Schaden zugefügt wird.
Besonders bedauerlich: Das Umweltzentrum hat diesen Konflikt kommen sehen! Im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens zum Windpark hatten wir Stellung bezogen, unter anderem auch zum bei der UVP-Prüfung behandelten Umgang mit den Straßenbäumen. Nachstehend der entsprechende Abschnitt aus unseren Einwendungen.
Leider ist das Landratsamt auf diesen Einwand nicht eingegangen. Stattdessen wird im Ergebnisprotokoll zur Erörterungsversammlung als „Entgegnung“ lapidar einfach nochmals derselbe Abschnitt wieder
gegeben:
Daraus folgern wir, dass vom Bauherrn im Rahmen der Planfeststellung keine genaueren Angaben mehr eingefordert wurden und keine konkreteren Vorgaben mehr angeordnet wurden. Die jetzige Situation zeigt dagegen, wie dringend notwendig es gewesen wäre, sich vom Bauherrn den genauen Umfang des Eingriffes in den wegbegleitenden Baumbestand aufzeigen zu lassen.
Wir bitten jedenfalls um die Beantwortung folgender Fragen:
- Gab es seit der Plangenehmigung von Seiten der Naturschutzbehörde nochmals Absprachen,
Termine und Vorgaben zum Umgang mit den jetzt geschädigten Bäumen (Aussagen Presse), falls ja:
Was wurde festgelegt? Hat sich der Bauherr an diese Absprachen gehalten? - War es nachweislich (exakte Ausmessung Transportbreite hin zum Baumbestand) zwingend, alle
Bäume derart drastisch zu beschneiden oder wurden ohne Not weiter als notwendig zurück
geschnitten? - Besteht nicht aufgrund der Plangenehmigung der damaligen Flurbereinigung eine Pflicht, dass die
seinerzeitigen Ausgleichsmaßnahmen (und damit auch die jetzt geschädigten Bäume) dauerhaft in
ihrer Funktion und Wertigkeit zu erhalten sind? - Auf welche Weise will der Verursacher den entstandenen Schaden wieder ausgleichen?
- Erfolgt eine fachgerechte Nachbehandlung der geschädigten Bäume?
Unter anderem schicken wir diesen Vorgang auch deswegen an die Umweltmeldestelle, damit auch an höchster Stelle gewahr wird, – welche konkreten Folgen unserer Ansicht/Kenntnis nach unzureichende Planvorlagen und Auflagen zum Schutz der Natur im Zuge von Genehmigungen von Windkraftanlagen zur Folge haben und – wie wenig sensibel manche Bauherren von Windrädern mit der ihr anvertrauten Landschaft bereit sind umzugehen.
In diesem Sinne bitten wir Sie, dieses Schreiben auch Herrn Minister Untersteller zur Kenntnis zu geben. Denn genau derartige Vorgänge sind Wasser auf die Mühlen jener, welche die Windkraftnutzung pauschal ablehnen und dagegen Front machen.
Das Umweltzentrum hat diesem Windpark übrigens in den Grundzügen zugestimmt und lediglich an einigen Stellen Änderungen / Ergänzungen verlangt.
Sollte es hier zu Terminen über die weitere Behandlung der geschädigten Bäume und Ausgleichsmaßnah-men kommen, sehen wir das als einen Nachtrag zum Planfeststellungsverfahren erheben deswegen den Anspruch daran beteiligt werden.
Baumfrevel entlang der Transportwege zum Windpark Kirchberg/Jagst