Finanzierungvorschlag für kostengünstigeren ÖPNV und für Investitionen in den öffentlichen Verkehr

LNV: Deutlich kostengünstigerer oder gar kostenloser ÖPNV ist möglich!

Mit höherer Mineralölsteuer den öffentlichen Verkehr fördern

Der Landesnaturschutzverband Baden-Württemberg e. V. (LNV) hat sich in die aktuelle Diskussion um einen kostenlosen Nahverkehr eingeschaltet. Bereits Anfang Dezember 2017 hatte der LNV die Resolution „Schadstoffeintrag durch PKWs wirksam begrenzen“ veröffentlicht und einen wesentlichen Beitrag des Straßenverkehrs zur Luftreinhaltung eingefordert. Die Resolution enthält auch einen Vorschlag zur Finanzierung.

In der Resolution wird gefordert, über eine Erhöhung der Mineralölsteuer oder die Schaffung einer gleichwertigen CO2-Steuer den jahrelangen Investitionsrückstand im öffentlichen Verkehr abzubauen und den öffentlichen Verkehr auch preislich attraktiver zu gestalten.

Der LNV hat in seiner Resolution aufgezeigt, dass mit einer kurzfristig umsetzbaren Mineralölsteuererhöhung um 10 Ct je Liter eine flächendeckende Halbierung der Tarife im öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) machbar ist. 10 Ct sind nicht viel mehr, als die täglichen oder regionalen Schwankungen der Kraftstoffpreise. Ein kostenloser ÖPNV, wie er jetzt auch von der Bundesregierung diskutiert wird, wäre dann in etwa für die doppelte Erhöhung der Mineralölsteuer zu haben.
Für wesentlich besser hält der LNV aber, den Nulltarif für ausgewählte Fälle vorzusehen. „Darüber hinaus müssen die ÖPNV-Preise flächendeckend halbiert und vor allem mehr Mittel für Investitionen zum Ausbau des gesamten öffentlichen Verkehrs mit Bahnen und Bussen bereitgestellt werden“, macht Stefan Frey, Vorstandsmitglied des LNV deutlich. Die Politik müsse sich endlich ernsthaft mit diesen konkreten Vorschlägen auseinandersetzen.

Frey stellt klar: „Mit 640.000 Arbeitsplätzen ist die Bahnbranche in Deutschland ein herausragender, oft verkannter Wirtschaftszweig“. Hinzu kämen die Arbeitsplätze in dem besonders für den ländlichen Raum wichtigen Bussektor. (Zum Vergleich: Automobilbauer und Zulieferer weisen rund 810.000 Beschäftigte auf.)
Eine Finanzierung über die Mineralölsteuer ist auch nicht ungerecht. Diese liegt seit 2003 unverändert bei 66 Ct pro Liter für Benzin und 47 Ct für Dieselkraftstoff. „Dies ist leider ein verkehrs- und klimapolitisch sowie für die Lebensqualität in Städten völlig falsches Signal – zumal die Tarife im öffentlichen Verkehr, meist im Jahrestakt, erhöht wurden“ so Stefan Frey abschließend. Die ÖPNV- Nutzer/innen hätten diese Preissteigerung meist mehr oder weniger klaglos hinnehmen müssen.

Resolution

Bei der Reduktion der CO2-Emissionen muss endlich auch der Verkehr substantielle Beiträge leisten. Bisher ist es nicht gelungen, die CO2-Emissionen des Verkehrs zu senken. Technische Effizienzgewinne wurden durch Zunahme der Verkehrsleistung und immer größere Autos kompensiert. Um hier eine Umkehr zu erreichen, sind wesentlich weitergehende Maßnahmen nötig als bisher. Preissignale beim Autokauf und beim Treibstoffpreis müssen gesetzt werden und kontinuierlich steigen, um die tatsächlichen Kosten und Schäden des Verkehrs abzubilden.

Der öffentliche Verkehr braucht erheblich mehr Investitionen als in der Vergangenheit. Er muss hierfür finanziell deutlich besser ausgestattet werden, entweder aus Steuermitteln oder über Abgaben. Mit einer Erhöhung der Mineralölsteuer um 10 Ct pro Liter oder einer gleichwertigen CO2-Steuer könnten die Tarife im öffentlichen Nahverkehr flächendeckend halbiert werden. Mit einer weiteren stufenweisen Erhöhung um insgesamt ca. 12 Ct könnten dringend notwendige Investitionen wie z. B. die Elektrifizierung von Bahnstrecken zeitnah finanziert werden. Ziel muss ein Qualitäts- und Zuverlässigkeitsstandard wie in den Nachbarländern Schweiz und Österreich werden.

Diesel-PKW stoßen heute unnötig hohe Schadstoffemissionen aus. Sie tragen dazu bei, dass Menschen in einer Anzahl vorzeitig zu Tode kommen, die sogar beim Mehrfachen der Zahl der Verkehrstoten liegt. Die Technik, um den Diesel sauber zu machen, steht seit über 10 Jahren bereit. Sie ist allerdings nicht ganz billig und wurde wegen des fatalen Lobbyeinflusses der Autoindustrie nicht vorgeschrieben. Zehntausende Todesfälle hätten in Europa vermieden werden können, wenn bei Dieselautos tatsächlich der Stand der Technik eingefordert worden wäre. Auch die technisch mögliche Umrüstung zur Vermeidung von Schadstoffen muss nun umgehend erfolgen, auf Kosten der Hersteller.

Die Städte stehen derzeit besonders unter Druck wegen der hohen Belastung für Mensch und Umwelt durch den Straßenverkehr. Sie haben aber nicht die nötigen Instrumente in der Hand, um die Probleme an der Wurzel zu bekämpfen. Sie brauchen deshalb mutigeres Handeln der Landes- und vor allem der Bundesregierung.
Es ist beschämend, dass gerade Deutschland auf EU-Ebene Fortschritte bei den Emissions- und Verbrauchsstandards der Fahrzeuge verhindert hat. Sinnvoll ist auch eine Prüfung, inwieweit die Autohersteller für die durch ihre Einflussnahme verursachten Umwelt- und Gesundheitsschäden in Regress genommen werden können.

Im Sinne einer nachhaltigen Verkehrspolitik sollte auch die Forderung nach einem allgemeinen Tempolimit auf Autobahnen von 130 Stundenkilometern und 80 auf Landstraßen aufgegriffen werden. Dies würde direkt den Verbrauch vermindern, zum Einbau sparsamerer Motoren führen, die Gefahr von Staus verringern und dem nahezu ungebremsten Verkehrswachstum entgegenwirken – ganz abgesehen von der deutlichen Reduzierung der Verkehrstoten und entspannterem Fahren.

Die Resolution „Schadstoffeintrag durch PKWs wirksam begrenzen“ wurde von den Teilnehmer/innen der Tagung von LNV und Evangelischer Akademie Bad-Boll „Mobilität wohin? Umsteuern mit und ohne Diesel – Zeithorizont 2020“ am 28.11.2017 verabschiedet. Sie richtet sich

– an die Verhandlungspartner künftiger Sondierungs- und Koalitionsgespräche
– an alle Entscheidungsträger/innen in Politik, Verwaltung und Institutionen
– an alle Bürger/innen

Hintergrundinformationen:


Treibhausgas-Emissionen: Verkehr ohne Minderung
In Deutschland, Entwicklung der CO2-Emmisssion
von 1990 bis 2016 in %, 1990=100 %
Quelle: Allianz pro Schiene, Basis Umweltbundesamt 2017

Pressemitteilung zum Herunterladen:
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