Mangelhafte Umsetzung von baurechtlichen Ausgleichsmaßnahmen

Kommunen setzen baurechtliche Ausgleichsmaßnahmen nur unzureichend um

Umfrage unter Naturschützern belegt erhebliche Defizite

Neue Bebauungspläne greifen in den Naturhaushalt ein, führen zu Lebensraumverlusten und Flächenversiegelung. Deshalb besteht eine gesetzliche Ausgleichspflicht: Mit geeigneten Maßnahmen müssen die Kommunen diese Eingriffe ausgleichen (kompensieren). Immer wieder wurde von verschiedener Seite beanstandet, dass in Bebauungsplänen festgesetzte Kompensationsmaßnahmen nicht oder nur unzureichend umgesetzt werden. Der Landesnaturschutzverband Baden-Württemberg (LNV) wollte konkrete Fälle wissen und führte deshalb kürzlich eine Umfrage bei seinen regionalen Gruppen, den LNV-Arbeitskreisen durch.

Die Rückmeldungen ergaben, dass einige Gemeinden im jeweiligen Kreisgebiet Ausgleichsmaßnahmen vorbildlich oder doch zumindest gut umsetzen, leider aber Negativbeispiele überwiegen.
Insgesamt häufig bemängelte Punkte waren:
• Umsetzungsdefizit: Fehlende oder mangelhafte bzw. von der ursprünglichen Planung abweichende Realisierung der festgesetzten Ausgleichsmaßnahmen.
• Kontrolldefizite: Kontrollen erfolgten gar nicht oder nur unzureichend, häufig zudem durch fachlich nicht geeignetes Personal. Dies ist insbesondere bei Maßnahmen, die naturhaushaltliche oder tierökologische Funktionen erfüllen sollen, als überaus kritisch zu werten.
• Fehlende Transparenz: Es gibt zumeist keine öffentlich zugängliche Information und Dokumentation über die angeordneten Ausgleichsmaßnahmen und ihre Umsetzung. Nur selten wird ein Monitoring vorgeschrieben, dessen Ergebnisse allerdings ebenfalls nicht veröffentlicht werden. Die Recherche und Informationsbeschaffung bei den Behörden wird als umständlich und mühsam empfunden.
• Ökokontoführung der Gemeinden: Sie wird als undurchsichtig empfunden; es ist nicht immer nachzuvollziehen, welche Maßnahme welchem Vorhaben zugeordnet wird. Es werden Doppelbuchungen befürchtet. Auch wird der Ausgleichswert einer Maßnahme öfters zu hoch angesetzt.

Zwar geben die Rückmeldungen nur einen kleinen Einblick in die Planungspraxis der Gemeinden Baden-Württembergs, der LNV geht aber davon aus, dass die beschriebenen Missstände durchaus verallgemeinerbar sind. „Um die sachgerechte Umsetzung baurechtlicher Ausgleichsmaßnahmen im Lande ist es schlecht bestellt“ kritisiert Dr. Gerhard Bronner, Vorsitzender des Naturschutz-Dachverbandes LNV.

Als Ursachen nennt er insbesondere die personelle Unterbesetzung der zuständigen Behörden sowie eine unbefriedigende Rechtslage. „Naturschutzbehörden haben keine Einspruchs- oder Sanktionsmöglichkeiten, wenn ein Bebauungsplan die Kompensationspflicht nicht rechtskonform berücksichtigt oder festgesetzte Kompensationsmaßnahmen nicht umgesetzt werden“ so der LNV-Chef. Lediglich die Kommunalaufsicht könne solche Mängel beanstanden, diese halte sich aber sehr zurück. Bronner bedauert, dass den Naturschutz- und Umweltverbänden bisher die Möglichkeit versagt ist, Bebauungspläne gerichtlich überprüfen zu lassen.

Der LNV fordert als ersten Schritt für Verbesserungen, dass alle baurechtlichen Kompensationsmaßnahmen im Internet dokumentiert werden – wie es bei den naturschutzrechtlichen schon geschieht. Der Naturschutz-Dachverband wird dazu das Gespräch mit den kommunalen Spitzenverbänden suchen.
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