27 Jahre nach der Atomkatastrophe in Tschernobyl

Katastrophenschutz für das AKW Fessenheim gefordert

Offener Brief der Umweltverbände LNV, BUND und NABU an das Regierungspräsidium Freiburg

Sehr geehrte Frau Regierungspräsidentin Schäfer,
nach der Wahl von Herrn Hollande zum neuen französischen Präsidenten gibt es in Frankreich erfreuliche Anzeichen für Veränderung in Sachen Atomkraftwerk Fessenheim.
Im letzten „TV-Duell“ vor der Wahl hat Herr Hollande noch einmal öffentlich erklärt, dass er in den nächsten fünf Jahren zumindest ein AKW abschalten möchte – und zwar das älteste, gefährlichste und umstrittenste AKW Frankreichs, die beiden grenznahen Reaktoren in Fessenheim.
Dass gerade dieses symbolträchtige AKW in einem Erdbebengebiet abgeschaltet werden soll, hat sicher auch mit den massiven, langjährigen französischen und trinationalen Protesten der Umweltbewegung am Oberrhein zu tun.
Dennoch sind das alles bisher erst Wahlkampfversprechen und Herr Hollande will das unsichere AKW auch erst im Jahr 2017 abstellen. Darum darf der politische Druck nicht nachlassen, denn ein Erdbeben, ein Terroranschlag oder ein anderer schwerer Atomunfall mit verheerenden Folgen für den Südlichen Oberrhein ist jederzeit möglich und hält sich nicht an Abschalttermine.
Seit Jahrzehnten haben wir – aber vor allem der BUND am Südlichen Oberrhein – den offiziellen deutschen Katastrophenschutz für das AKW in Fessenheim kritisiert. Ausgelöst durch den Fukushima-Unfall gab es am 9. Juni 2011 Informationen in der Badischen Zeitung, dass das zuständige Regierungspräsidium Freiburg den alten Katastrophenschutz überarbeitet und weiter entwickelt. Die viel zu kleine, unrealistische Evakuierungszone soll von 10 Kilometern auf 25-Kilometer erweitert werden. Die vorsichtige Anpassung der Katastrophenschutzplanung an die Realität der Atomunfälle in Fukushima und Tschernobyl war auch dringend nötig. Aus dem Kataströphchenschutz wird laut Ankündigung langsam Katastrophenschutz.
Die Atomunfälle in Tschernobyl und Fukushima haben gezeigt, dass auch außerhalb der 25-Kilometer-Zone Evakuierungsmaßnahmen in Teilgebieten dringend notwendig sind.
Die neueste „Analyse der Vorkehrungen für den anlagenexternen Notfallschutz für deutsche Kernkraftwerke basierend auf den Erfahrungen aus dem Unfall in Fukushima“ des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS) vom 19. April 2012 bestätigt noch einmal unsere jahrzehntelange Kritik an den bisher geplanten, absolut unzureichenden Schutzmaßnahmen.
Seit dem ersten Bericht über die geplante Aktualisierung des Katastrophenschutzes ist nun fast ein Jahr vergangen, der Atomunfall in Tschernobyl liegt 26 Jahre und der in Fukushima 1 Jahr zurück und wir würden gerne über die Fortschritte und Veränderungen informiert werden, denn bisher findet sich auf der Homepage des RP immer noch der absolut unzureichende „Notfallschutz-Ratgeber“ aus der Zeit des Kataströphchenschutzes.

Hier unsere Fragen:

1) In welchen Punkten wurde oder wird der bisherige Katastrophenschutz für das AKW Fessenheim an die Realität der Reaktorkatastrophen in Tschernobyl und Fukushima angepasst?
2) Wann und in welcher Form wird die Öffentlichkeit über den weiter entwickelten Katastrophenschutz informiert?
3) Gibt es auch konkrete Überlegungen und Planungen für die Weiterentwicklung des Katastrophenschutzes und der Evakuierungsradien für das grenznahe Schweizer AKW Leibstadt, für das älteste AKW der Welt in Beznau und für die Atomanlagen in Baden-Württemberg?

Gerade am Oberrhein wird wegen des alten AKW Fessenheim gerne die französische Seite kritisiert.
Doch der ernsthafte Schutz der Bevölkerung bei einem Atomunfall ist eine klassische, nach den Atomunfällen in Tschernobyl und Fukushima leider vernachlässigte „Hausaufgabe“ der deutschen Behörden und Politik, in einer Zeit in der Sie noch nicht Regierungspräsidentin waren.
Herr Hollande will das unsichere AKW Fessenheim erst im Jahr 2017 abstellen. Wir hoffen, dass die Weiterentwicklung des Katastrophenschutzes nicht so lange dauert.

Mit freundlichen Grüßen
Axel Mayer, BUND-Geschäftsführer, Freiburg
Dr. Felix Bergmann, NABU-Geschäftsführer, Freiburg
Reiner Ehret, Vorsitzender Landesnaturschutzverband, Kirchzarten

Download: offener Brief ans RP Freiburg

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