Windkraftanlagen richtig planen – Lebensräume erhalten

LNV-Info 2/2012

Der Standort ist das Entscheidende!

Windkraftanlagen leisten zwar einen wichtigen Beitrag zur umweltfreundlichen Stromproduktion, doch gleichzeitig können sie sich negativ auf die Bestände von Vögeln und Fledermäusen auswirken. Ein Konflikt, der angesichts der eingeleiteten Energiewende dringend gelöst werden muss.

Der Landesnaturschutzverband Baden-Württemberg e. V. (LNV) hat Dr. Hermann Hötker, Leiter des Michael-Otto-Instituts im NABU in Bergenhusen, Schleswig Holstein, nach seiner Einschätzung zu Windkraftanlagen, Standortwahl und möglichen Gefahren für Vögel und Fledermäuse befragt. Das Michael-Otto-Institut ist für seine Forschungsprojekte auf dem Gebiet von Vogelschutz bekannt und hat viele groß angelegte Studien zur Auswirkung von Windkraftanlagen auf die Vogelwelt federführend durchgeführt.

LNV: Worin liegt die Gefahr von Windkraftanlagen? In der Kollision?
Dr. Hermann Hötker: Die Gefahr von Vögeln und Fledermäusen, mit einem Rotor zu kollidieren, wird in erster Linie vom Standort beeinflusst.

LNV: Welche Standorte sind ungünstig?
Dr. Hermann Hötker: Windkraftanlagen gehören nicht an Gewässer, weil es hier zu den meisten Unfällen kommt.

LNV: Was ist für eine richtige Standortplanung wichtig?
Dr. Hermann Hötker: Dass man das vorhandene Wissen aus Untersuchungen zusammenführt und dann versucht eine räumliche Trennung zwischen Lebensraum der Tiere und Windkraftanlagen hinzubekommen. Sicherlich entstehen hierbei auch manche Konflikte.

LNV: Gibt es Ergebnisse aus Testphasen bei Ihnen im Norden?
Dr. Hermann Hötker: Wir haben festgestellt, dass Schwäne, Gänse, Enten sowie einige Wat- und Wie-senvögel durch Störung der Brut- und Aufenthaltsgebiete bedroht werden.

LNV: Welche Vögel sind besonders gefährdet, sind es die Zugvögel?
Dr. Hermann Hötker: Es sind vor allem die Greifvögel, da sie ein sehr großes Revier besitzen. Hier kann es auch zu Kollisionen kommen. Sehr betroffen ist beispielsweise der Rotmilan.

LNV: Was ist zu tun?
Dr. Hermann Hötker: Es ist einfach wichtig, bestimmte Gebiete frei von Anlagen zu halten und den Tieren so einen ungestörten Raum zu belassen.

LNV: Sie plädieren also für eine räumliche Trennung. Gibt es dann überhaupt noch genügend Platz für Windparks, gerade auch hier im Süden?
Dr. Hermann Hötker: Meiner Meinung nach bleiben genügend Standorte zur Auswahl. Vorab bedarf es immer einer strikten und klar orientierten Planung. Wenn man vernünftig plant, kann eine Gefährdung auf Populationsniveau minimiert werden.

LNV: Welche Anlagen sind besser? Wenige große oder viele kleine?
Dr. Hermann Hötker: Große Windkraftanlagen bergen zwar ein größeres Scheuch- und Kollisionsrisiko, pro produziertem Kilowatt Strom schneiden sie aber besser ab.

LNV: In den Hochlagen des Schwarzwalds lebt das Auerhuhn. Ist zu befürchten, dass es möglichen Windkraftanlagen zum Opfer fällt?
Dr. Hermann Hötker: Das lässt sich nicht einfach so beurteilen. Da es nicht so hoch fliegt, wird es wohl kaum Kollisionen geben. Wie sich eine Störung des Lebensraums beim Auerhuhn auswirkt, müsste in Untersuchungen geklärt werden. Will heißen um eine Testphase wird man nicht herumkommen.

LNV: Also einfach eine Windkraftanlage bzw. einen Windpark bauen?
Dr. Hermann Hötker: Im Prinzip ja. Es müsste aber sichergestellt sein, dass eine solche Installation nur in einem vorher festgelegten und begrenzten Gebiet erfolgt.

LNV: Wie lange dauert eine solche Testphase dann?
Dr. Hermann Hötker: Ein paar Jahre sind sicherlich notwendig, um aussagekräftige Zwischenergebnisse zu erhalten.

LNV: Was ist mit den Zugvögeln?
Dr. Hermann Hötker: Zugvögel haben bestimmte Korridore, in welchen sie fliegen. Diese sind in der Regel bekannt. [Anmerkung LNV: Für Baden-Württemberg trifft diese Aussage nicht zu]

LNV: Wie gefährdet sind Fledermäuse?
Dr. Hermann Hötker: Fledermäuse haben durch Windkraftanlagen bedingt eine etwa doppelt so hohe Mortalitätsrate wie Vögel. Das ist sehr ernst zu nehmen.

LNV: Wie kann man das verhindern?
Dr. Hermann Hötker: Indem Betriebsbeschränkungen in der besonders gefährdeten Zeiten eingeführt werden.

LNV: Was sind das für Zeiträume?
Dr. Hermann Hötker: In der Regel windstille Sommerabende. Es sind also keine großen Stromeinbußen zu befürchten.

LNV: Vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview führte Sabine Wächter

Das vollständige LNV-Info finden Sie hier:

LNV-Info 2/2013

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