Hochschulen bilden kaum noch Artenkenner aus

LNV-Pressemitteilung

Umfrage des LNV bei Arbeitgebern zeigt:
Artenkenntnisse der Hochschulabsolventen in biologischen und ökologischen Fächern haben sich in den letzten Jahren deutlich verschlechtert
Planungsbüros und Naturschutzbehörden haben Schwierigkeiten, qualifiziertes Personal zu finden

Der Landesnaturschutzverband Baden-Württemberg e. V. (LNV) als anerkannter Dachverband von 33 Natur- und Umweltschutzvereinen bedauert, dass Hochschulen immer weniger Wert auf Forschung und Lehre im Bereich der speziellen Botanik und Zoologie legen. Absolventen von Studiengängen wie Biologie, Landschaftsplanung oder Forstwissenschaften bringen beim Start in das Berufsleben somit auch immer weniger Kenntnisse über (heimische) Arten mit.
„Bei Planungs- und Bauvorhaben ist es jedoch erforderlich, die in einem Gebiet vorkommenden Tier- und Pflanzenarten im Gelände sicher erkennen und kartieren zu können. Dies ist nötig und auch rechtlich gefordert, um die Auswirkungen eines Vorhabens auf Fauna und Flora abzuschätzen und geeignete Vermeidungs- und Ausgleichsmaßnahmen zu entwickeln“, so der Vorsitzende des LNV, Dr. Gerhard Bronner.

Lehrstühle mit naturschutzrelevanten Schwerpunkten abgebaut
Studiengänge bzw. Lehrstühle mit naturschutzrelevanten Schwerpunkten wurden gerade auch in Baden-Württemberg abgebaut. Als Beispiel nennt der LNV das zoologische Institut der Universität Heidelberg, das immer mehr verkümmere mit Tendenz gegen Null.
In einer Umfrage unter Planungsbüros und Naturschutzbehörden fragte der LNV nach Artenkenntnissen und anderen naturschutzbezogenen Fähigkeiten. Mit 20 Rückmeldungen ist die Umfrage zwar nicht repräsentativ, gibt aber deutliche Hinweise auf Defizite in der Hochschulausbildung.

Verschlechterung der Ausbildung zu beobachten
Ein Großteil der Befragten schätzt demnach die Artenkenntnisse der Hochschulabsolventen als schlecht oder verbesserungsbedürftig ein, wobei eine deutliche Verschlechterung der Kenntnisse und Fähigkeiten in den letzten 10 – 20 Jahren zu beobachten sei. Ähnlich unzureichend wurden die naturschutzrechtlichen Kenntnisse sowie Fähigkeiten im Bereich des Biotop- und Artenmanagements bewertet.

Mangel an Fachpersonal – Änderung der Lehrpläne nötig
Insbesondere für die Bereiche Arten- und Kartierkenntnisse sowie landschaftsplanerische Fähigkeiten lassen sich nach Aussage der Befragten kaum geeignete Bewerber/innen finden. Dies wiegt vor dem Hintergrund der europarechtlich hohen Bedeutung des Arten- und Biotopschutzes besonders schwer. „Durch das heute deutlich konsequenter angewandte Artenschutzrecht hat sich eine große Nachfrage nach Artenexperten ergeben, die Planungen begleiten. Diese Nachfrage wird derzeit von den Hochschulen nur unzureichend bedient“, klagt LNV-Chef Bronner.
„Bewerber, die sich privat engagieren, z. B. bei Naturschutzverbänden, oder die schon Praktika in Büros gemacht haben, bringen bessere Kenntnisse mit und arbeiteten sich schneller ein als Bewerber, die direkt von der Hochschule kommen“, so einer der Befragten.

Artenvielfalt nur mit Artenkenntnis zu erhalten
Doch auch ohne den Bau von Straßen, Windkraftanlagen und Baugebieten sei es wichtig, dass es neben der grundlegenden Umweltbildung der Masse auch die Spitzenbildung der Klasse gebe. „Wir können die Artenvielfalt nicht erhalten, wenn es keine Menschen in Museen, Sammlungen und Hochschulen mehr gibt, die sie überhaupt erkennen“, befürchtet Gerhard Bronner.

Download: LNV-Info 4/2017

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